Covenant Protestant Reformed Church
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Möchte Gott wirklich die Verdammten retten?

Rev. Angus Stewart

 

(Leicht modifizierte Fassung eines Artikels, der ursprünglich im British Reformed Journal erschienen ist)

„Zu der Zeit fing Jesus an und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du dies den Weisen und Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen offenbart. Ja, Vater; denn so hat es dir wohlgefallen. Alles ist mir übergeben von meinem Vater; und niemand kennt den Sohn als nur der Vater; und niemand kennt den Vater als nur der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will" (Matt. 11,25-27).

 

I. Einleitung

Unser Thema in diesem Artikel ist Gott: Gott der allmächtige Vater, Schöpfer des Himmels und der Erde; der dreieinige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Die Frage, die wir uns hinsichtlich des wahren Gottes stellen ist folgende: Möchte Gott die Verdammten retten? Möchte Gott wirklich die Verdammten retten?1

Auf diese Art und Weise wird das Thema normalerweise jedenfalls nicht zur Sprache gebracht. Üblicherweise wird es etwa in die Richtung gehend formuliert: „Gott liebt alle und möchte jeden Menschen retten" oder „Sünder, Gott möchte dich retten" oder „Gott hat einen wundervollen Plan für dein Leben." Dies wird wahllos jedem unter der Stimme des Predigers verkündet.

Wie soll ein Gläubiger diese Aussagen bewerten? Es ist offensichtlich, dass er als ein Christ im Lichte des Wortes Gottes und in den Lehren des Wortes Gottes denken muss. Natürlich muss er Sachverhalte wie Gottes herrliche Eigenschaften und seinen ewigen, bedingungslosen Ratschluss von Erwählung und Verdammung geltend machen. Diese Lehren und Lehren wie die von der Dreieinigkeit, der Person und den Naturen Christi, der Schöpfung und alle anderen, sind in allen reformierten Bekenntnissen festgehalten. Erwählung ist kurz gesagt Gottes ewige, bedingungslose Wahl einiger gefallener Sünder zu einem ewigen Leben in Jesus Christus. Verdammung ist Gottes ewige Ablehnung anderer. Gott hat beschlossen sie nicht zu retten, sondern sie gemäß ihrer Sünden zu bestrafen. Bevor Gott die Welt erschuf hat er diese bedingungslose Wahl getroffen.

Das ist reformierte Lehre. Dies sind die Lehren des Westminster Bekenntnisses und der Bekenntnisse, die davon abgeleitet sind: die Savoyer Erklärung (1658) und das Baptistische Glaubensbekenntnis (1689). Die Lehren der Dordrechter Lehrsätze (1618-1619) und anderer reformierter Erklärungen.

Dies ist auch die biblische Lehre. In Matthäus 11,25 sagt Jesus Christus „Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du dies den Weisen und Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen offenbart." Jesus hat in Galiläa gelehrt und Wunder gewirkt, so dass die Menschen dort die Wahrheit des Evangeliums gehört haben (V.20-24). Einige haben dies geistlich verstanden und empfangen, andere nicht. Der Grund, warum einige dies geistlich verstanden und empfangen haben und andere nicht, ist der, dass Gott es einigen „offenbart" hat und vor anderen „verbarg" (V.25). Gottes Verbergen dieser Dinge vor den Weisen und Klugen geschieht zur rechten Zeit in Übereinstimmung mit seinem Erwählungsbeschluss. Gottes Offenbarung der Wahrheit von der Erlösung an Unmündige, die Erleuchtung der Heiligen, geschieht ebenfalls genau zur rechten Zeit gemäß seinem Erwählungsbeschluss.

Jesus fährt fort: „Ja, Vater; denn so hat es dir wohlgefallen" (V.26). Es hat Gott gefallen und war gut in seinen Augen, dass das Evangelium vor einigen verborgen blieb, obwohl es ihnen verkündigt wurde, und dass es anderen Menschen nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich offenbart wurde. Wenn Jesus sagt „denn so hat es dir wohlgefallen" müssen wir begreifen, dass es gut in den Augen des ewigen und unveränderlichen Gottes gewesen ist. An dem Tag, an dem die Erleuchtung einiger und die Verblendung oder Verhärtung anderer geschieht, ist dies gut in seinen Augen. Es ist auch vor Grundlegung der Welt gut in Gottes Augen, weil Gott zeitlos ist. Gott ist ewig, ehe die Welt war; im ewigen Gott ist keine Zeit vorhanden.

Nun denn, liebt Gott jeden inklusive der Verdammten, die er dazu erwählt hat, sie nicht zu retten? Möchte Gott jeden retten? Hat Gott für jedermanns Leben einen wundervollen Plan?

Gott liebt sein auserwähltes Volk, das geistliche Israel Gottes. „Jakob habe ich geliebt" verkündigt Gott (Röm. 9,13). Gott möchte die Erwählten retten und Gott zeigt, dass er sie retten möchte, indem er Jesus Christus sandte, um für sie zu sterben und indem er ihnen Glauben und Bußfertigkeit geschenkt hat, so dass sie mit ihm Gemeinschaft haben und ihn verherrlichen können. Darüber hinaus hat Gott einen wunderbaren Plan für das Leben eines jeden aus seinem erwählten Volk, denn „wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind" (Röm. 8,28). Dieser wundervolle Plan, den Gott für das Leben eines Gläubigen hat, beinhaltet Dinge, die dieser für sein eigenes Leben nicht selbst ausgesucht hätte. Aber in Gottes unendlicher Weisheit, in seiner Gnade und Vorsehung, wirken dem Gläubigen alle Dinge zu seinem geistlichen und ewigen Wohl.

Wenn diese Fragen jedoch auf die Verdammten bezogen werden, müssen alle Antworten „Nein" lauten. Gott liebt sie nicht. „Jakob habe ich geliebt, Esau aber habe ich gehaßt" (Röm. 9,13). Esau ist hier ein Individuum. Aber es ist nicht so, dass Gott alle verdammten Menschen der Welt liebt und nur diese eine Person gehasst hat. Das ist nicht das Konzept. Alle, die verdammt sind werden von Gott gehasst. Gott möchte sie nicht retten. Wie Jesus in Matthäus 11 sagt „Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, daß du dies vor den Weisen und Klugen verborgen [...] hast! Ja, Vater, denn so ist es wohlgefällig gewesen vor dir" (V.25-26). Das ist in Gottes Augen gut. Das ist Gottes Wunsch, seine Absicht und sein Wille in dieser Welt. Die ganze Schrift lehrt (und das wird auch besonders im großen Westminster Katechismus gelehrt, F. & A. 27-29), dass diejenigen, die sich außerhalb von Jesus Christus befinden und nicht erwählt sind, verflucht sind. Sie sind verflucht in ihrem Unglauben und in ihrer Rebellion, sowohl in dieser als auch in der kommenden Welt. Sie werden für alle Zeiten in der Hölle umkommen. Das ist kein wundervoller Plan für sie. Gottes Absicht ist es, sich selbst damit die Ehre zu geben. Dies vergrößert seine Gerechtigkeit. Aber für die Verdammten ist es kein wunderbarer Plan. Es ist reiner Hohn jedem wahllos zu verkünden, inklusive Menschen, die bekennende Ungläubige sind, dass Gott einen wundervollen Plan für ihr Leben hat. Gott hatte keinen wundervollen Plan für Esau (Röm. 9,10-13). Er hatte keinen wundervollen Plan für den Pharao (Röm. 9,17-18). Er hat keinen wunderbaren Plan für die Verdammten.

Aber wir werden nicht über Gottes Liebe als solche oder darüber sprechen, wen er liebt. In diesem Artikel werden wir die Frage beantworten: Möchte Gott jeden retten? Oder um genauer zu sein: Möchte Gott wirklich die Verdammten retten?

Die Mehrheit der Menschen, die sich als Christen bezeichnen glauben, dass Gott jeden retten möchte. Offenkundig glauben das die Arminianer, denn Arminianer leugnen die biblische Erwählung und Verdammung. Der Arminianer lehrt, dass Errettung und Nichterrettung letztlich vom angeblich freien Willen des Sünders abhängen. Das ist auch der Fall bei heutigen Arminianern und das war auch der Fall bei den Arminianern der Dordrechter Synode (1618-1619). Während der Dordrechter Synode bekundeten Arminianer klar und deutlich eine Position, die als freies Angebot bezeichnet wird – nämlich, dass Gott jeden retten möchte. Aber die Dordrechter Synode übernahm diese Position nicht.

Die Pelagianer und Halb-Pelagianer lehrten in der Frühkirche, dass Gott jeden retten möchte. Die römisch katholische Kirche beharrt auch darauf, dass Gott jeden retten möchte und sich jeden zu retten wünscht. Arminianer und Katholiken glauben in dieser Sache dasselbe.

Allerdings glauben auch viele daran, dass Gott jeden retten möchte, die behaupten Calvinisten zu sein. Deshalb stimmen ihre Lehren in diesem Punkt mit denen der Arminianer und den Katholiken überein. Sie lehren, dass Gott die Verdammten retten möchte, obwohl sie dies natürlich in einer anderen Art und Weise formulieren würden. Doch damit lässt man die Katze aus dem Sack, weil es bedeutet zu sagen, dass Gott diejenigen retten möchte, die er nicht zur Errettung erwählt hat; oder, dass Gott die retten möchte, die er nicht retten möchte, weil sie verdammt sind.

Denjenigen, die die Sichtweise nicht teilen, dass Gott die Verdammten retten möchte, allgemein als das wohlmeinende Angebot bezeichnet, wird vorgeworfen, dass sie das Evangelium nicht wahrhaft predigen können. Wenn das wahr wäre, wäre das eine sehr ernste, sogar vernichtende Anklage. Dann wird jedenfalls der Beinamen "Hyper-Calvinist" verwendet. Bekennende Calvinisten, die behaupten, dass es ein Verlangen oder Wunsch oder Willen im Wesen Gottes gibt die Verdammten zu retten, lehren, dass dies aufrichtig gewollt ist, denn Gott möchte sie ernsthaft retten. Sie machen deutlich, dass dies nicht nur ein scheinbares Verlangen ist. Es ist vielmehr ein brennendes Verlangen. Gott möchte in geduldiger Weise und voller Sehnsucht absolut alle retten. Dies sind sogar die Lehren von Professor John Murray. In vielen Dingen ist er ein ausgezeichneter Lehrer, doch traurigerweise an diesem Punkt fehlgegangen. Er erklärt, dass Gott jeden retten möchte und fügt die Adjektive brennend, aufrichtig und leidenschaftlich hinzu.2 Wenn Gott etwas tun möchte, und Gott ist derjenige, der uns sagt: „Alles, was deine Hand zu tun vorfindet, das tue mit deiner ganzen Kraft" (Pred. 9,10), dann muss Gott ein brennendes Verlangen diesbezüglich haben. Gott ergreift keine halbherzigen Maßnahmen.

 

II. Die Elemente der Erlösung

Ich möchte mit einer Analogie beginnen. Lasst uns einen Mann vorstellen, der sagt „Ich möchte am Sonntag in die Kirche gehen. Ich möchte wirklich gehen." Dann kommt der Sonntagmorgen und der Wecker klingelt. Er schaltet ihn aus und dreht sich auf die andere Seite. Er steht nicht auf, betet und bereitet sein Herz für den Gottesdienst vor. Er kleidet sich nicht wie für einen Gottesdienst. Er steigt nicht in sein Auto. Er bleibt zu Hause. Nun, er sagte, dass er wirklich zur Kirche gehen möchte. Aber er hat nichts gemacht, dass darauf hinweisen würde, dass er wirklich zur Kirche gehen wollte. Wollte er wirklich in die Kirche gehen? Im besten Fall war es nur ein halbherziger Wunsch oder eine Idee, denn er ging nicht.

Oder mit einem anderen Beispiel ausgedrückt, ein Mann sagt „Ich möchte wirklich am Sonntag in die Kirche gehen." Er steht auf, frühstückt, zieht sich an geht dann aber los, um sich ein Fußballspiel anzusehen. Wollte dieser Mann wirklich in die Kirche gehen? Weißt du was er wirklich tun wollte? Er wollte wirklich das Fußballspiel sehen und darum ist er auch dorthin gefahren. Denn nicht was ein Mann sagt, sondern was er tut zeigt am besten, was er am meisten möchte.

Uns wird gesagt, dass Gott wirklich, aufrichtig und eifrig darum bemüht ist jeden Menschen inklusive der Verdammten zu retten. Die Lehre der Errettung beinhaltet viele verschiedene Elemente. Darum stellen wir die Frage, unternimmt Gott irgendwelche dieser Schritte? Bestimmte Maßnahmen sind notwendig, Dinge, die geschehen müssen, damit ein Mensch gerrettet wird. Tut Gott alle oder viele oder einige oder überhaupt irgendwelche dieser Dinge? Denn obwohl es nur eine Errettung gibt, besteht sie doch aus vielen unterschiedlichen Elementen, wie wir noch sehen werden.

A. Erwählung

Ich frage dich was der Beginn oder Ursprung von Erlösung ist? Der Anfang der Erlösung liegt in Gottes ewigem Ratschluss, wie die Bibel uns lehrt: einige sind erwählt und einige verdammt. Uns wird gesagt, dass Gott wirklich jeden retten möchte. Aber erwählt Gott jeden zur Errettung? „Nein." Gibt Gott den Nichterwählten eine ungewisse Zukunft? Wieder lautet die Antwort „Nein." Er lässt sie nicht ungewiss. Er bestimmt ewig, – dies ist eine schreckliche Sache; wir erzittern davor – dass die Verdammten alle ihre Tage in Sünden leben und für ihre Sünden als Ausdruck der Gerechtigkeit Gottes bestraft werden (Röm. 9,21-22). Jesus sagt in Matthäus 11,25-26, dass Gott in Ewigkeit bestimmt hat, die Wahrheit des Evangeliums vor ihren Herzen zu verbergen. Und Jesus bezeichnet dies als gut, als etwas, dass Gott gefällt. Gott beurteilte es als gut diese Menschen nicht zu retten, sondern sie für ihre Sünden zu bestrafen.

Aber wie ich bereits sagte wird uns erzählt, dass Gott aufrichtig und voller Eifer die Verdammten retten möchte. Die erste Antwort, die wir auf diese Anschauung geben, auf der Basis unserer Betrachtung von Erwählung und Verdammung, ist, dass es in der Tat nicht danach aussieht als würde Gott die Verdammten retten wollen, denn er unternimmt nicht den ersten Schritt (sie zu erwählen) und ohne diesen ersten Schritt können sie nicht gerettet werden. Angeblich möchte er sie wirklich und sehnlichst zu seinem Volk machen, aber er erwählt sie nicht dazu, sein Volk zu werden. Tatsächlich bestimmt er sogar, dass sie nicht sein Volk werden. Er beschließt, dass obwohl einige das Evangelium hören werden, sie diesem keinen Glauben schenken und er verblendet sie sogar und verbirgt die Wahrheit vor ihren Herzen. Genau genommen beabsichtigt Gott zwei Arten von Menschen. Es gibt die Nachkommen der Frau und die Nachkommen der Schlange (1.Mose 3,15). Gott selbst stellt Feindschaft, Hass und Widerstände zwischen diese beiden Parteien und das ist offensichtlich auch ein Abbild Gottes eigener Opposition gegnüber den Nachkommen der Schlange. Wenn also Gott nicht bestimmt hat die Verdammten zu retten, dann können sie auch nicht gerettet werden. Es ist absolut unmöglich.

B. Erlösungswerk

Lasst uns auf das zweite Element in der Errettung schauen. Was ist die Basis oder die Grundlage unserer Errettung? Das vollkommen rechtschaffene Leben Jesu Christi und sein erlösender Tod am Kreuz, denn die Bibel lehrt deutlich, dass alle Menschen schuldige Sünder sind, die eine ewige Strafe verdient haben. „Die Seele, die sündigt, sie soll sterben" (Hesekiel 18,20). Darum ist der einzige Weg zur Erlösung durch das Blut Jesu Christi, wie Gott es uns in seinem Wort lehrt – Opfer, Erlösungswerk und Erlösung liegen in Christus, allein in Christus. Doch die Schrift lehrt, dass gemäß Gottes Absicht Jesus nur für die Erwählten gestorben ist. Die Bibel verkündet, dass er für die Seinen, für die Vielen, für seine Freunde, für seine Schafe gestorben ist. Nachdem Jesus den Pharisäern erklärt hat, dass der gute Schafhirte sein Leben für seine Schafe lässt, sagt er zu ihnen „aber ihr glaubt nicht, denn ihr seid nicht von meinen Schafen" (Joh. 10,26). Beachte diesen logischen Schluss:

1. Jesus sagt: „Ich sterbe für meine Schafe."

2. Er fügt mit Bezug auf die Pharisäer hinzu: „ Ihr seid nicht meine Schafe."

3. Darum ist Jesus nicht für sie gestorben.

Sie sind Böcke. Der Schafhirte starb für seine Schafe und nicht für die Böcke. Das ist es, was der Sohn Gottes ihnen sagte und uns sagt. Das ist biblische und reformierte Lehre.

Uns wird jedoch gesagt, dass Gott ernsthaft und sehnlichst die Verdammten retten möchte. Aber ein Mensch kann nicht gerettet werden, wenn nicht das Blut am Kreuz für ihn vergossen wurde und Gott sandte seinen Sohn nicht, um für die Verdammten zu sterben. Oder, um es aus einer anderen Perspektive zu betrachten, die Bibel lehrt uns, dass das Kreuz Christi ein Lösegeld ist. Das Volk Gottes befand sich im Gefängnis und Christus zahlte das Lösegeld, um uns zu befreien. Hier wieder eine Analogie. Herr X sitzt im Gefängnis. Wenn ein Lösegeld gezahlt wird, kann Herr X entlassen werden. Herr Y sagt: „Herr X, ich möchte dich wirklich befreien. Das Geld dafür steht mir zur Verfügung." Aber obwohl Herr Y Herr X hätte befreien können, entschied er, es nicht zu tun. Daher müssen wir fragen, wollte Herr Y wirklich, sehnlichst und ernsthaft Herr X befreien? Die Antwort ist „Nein", weil er es nicht tat.

C. Wiedergeburt

Lasst uns nun von der Erwählung und dem Erlösungswerk zum Anfang einer beginnenden Erlösung gehen – der Wiedergeburt. Der Sünder ist vollkommen verdorben „tot durch [...] Übertretungen und Sünden" (Eph. 2,1), ohne jegliches geistliches Leben und „ganz und gar untüchtig [...] zu einigem Guten und geneigt zu allem Bösen" (Heidelberger Katechismus, Frage 8). Gott erquickt seine Erwählten und gibt ihnen Leben. Die Bibel bezeichnet das als „Wiedergeburt" oder „neu geboren" werden. Es ist offensichtlich, dass es keine Erlösung ohne Wiedergeburt gibt, weil Jesus sagt: „Ihr müßt von neuem geboren werden" (Joh. 3,7; siehe V.5). Wenn man nicht wiedergeboren ist, ist man nicht gerettet.

Uns wird gesagt, dass Jesus die Verdammten wirklich retten möchte. Aber erneuert Gott sie? Nein. Jesus erklärt: „Der Wind weht, wo er will, und du hörst sein Sausen; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht. So ist jeder, der aus dem Geist geboren ist" (Joh. 3,8). Der Wind weht wo er will. Du kannst nicht zum Wind sagen „Wehe dort auf diesem Feld, aber nicht in meinem Garten." Der Wind tut was er will. Jesus zeichnet hier eine Analogie zwischen dem Wehen des Windes und dem Wehen des Heiligen Geistes bei der Wiedergeburt. Er weht, wo er es möchte, will oder wünscht. Das griechische Wort, thelo, beeinhaltet alle drei Bedeutungen. Der Geist erneuert, wen er möchte, will oder zu erneuern wünscht. Er will eine Person erneuern und er erneuert sie tatsächlich. Ein anderer hingegen wird nicht wiedergeboren. Warum? Weil er denjenigen nicht erneuern möchte, will oder es wünscht. Der Geist weht, wo er will und er weht nicht, wo er nicht wehen will. Aber wenn Gott ernsthaft jeden retten möchte, warum weht der Geist dann nicht, wo er angeblich wehen möchte?

D. Geistliche Erleuchtung

Wenden wir uns nun einem anderen Punkt zu: geistlicher Erleuchtung oder Erhellung, der Fähigkeit das himmlische Königreich im Glauben zu sehen. Auch das ist ein grundlegender Teil von Errettung. In Matthäus 11,25-26 sagt Jesus: „Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, daß du dies vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen geoffenbart hast. Ja, Vater, denn so ist es wohlgefällig gewesen vor dir."

Warum also hat Gott die Wahrheit des Evangeliums vor den Verdammten verborgen? Antwort: „denn so ist es wohlgefällig gewesen vor dir." Das „denn" nennt uns den Grund: es war wohlgefällig in Gottes Augen. Es war sein souveräner Entschluss und es gefiel ihm. Zu sagen es gefiel Gott heißt, dass Gott es tun wollte; das ist es was er wollte und sich wünschte und ersehnte. Offensichtlich wollte oder wünschte er nicht, den Verdammten diese Dinge zu offenbaren. Vielmehr wollte und wünschte er, diese Dinge vor ihnen zu verbergen, so wie es gut in seinen Augen war. Tatsächlich ist der Wille Gottes bezüglich der Verdammten in Römer 9,18 sehr klar ausgedrückt: „und [er] verstockt, wen er will." So verfährt Gott mit den Verdammten im zeitlichen Verlauf. Erwählung zieht mit der Zeit eine Erweichung des Herzens und Erleuchtung bei Gottes Volk nach sich. Der ewige Beschluss zur Verdammnis zieht mit der Zeit eine Verhärtung der Person nach sich. Und das ist auch das Argument von Römer 9.

Lasst uns nun Matthäus 11,27 betrachten. Dort fährt Christus damit fort zu sagen: „Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden, und niemand erkennt den Sohn als nur der Vater; und niemand erkennt den Vater als nur der Sohn und der, welchem der Sohn es offenbaren will." Daher kennt niemand den Vater – was ewiges Leben bedeutet (Joh. 17,3) – außer denjenigen, denen der Sohn den Vater offenbaren will oder möchte. Aber wenn Christus, der fleischgewordene Sohn, wirklich alle retten wollte – wie die Verteidiger des freien Angebots lehren – warum gewährt er ihnen dann nicht das rettende Wissen über den dreieinigen Gott?

Zusammenfassend gesagt lehrt die Bibel, dass Gott/Christus die Erwählten geistlich erleuchten möchte oder will oder es wünscht (Mat. 11,27) und deshalb offenbart er sich ihnen (V.25). Auf der anderen Seite verbirg Gott/Christus diese Dinge vor den Verdammten, die sich törichterweise für „weise und klug" halten (V.25). Beide göttliche Handlungen, erklärt Christus, haben „dir [Gott] wohlgefallen" ganz gemäß Gottes ewigem, souveränen und gerechten Ratschluss (V.26).

E. Buße und Glauben

Der Weg der Erlösung ist der Weg der Buße und des Glaubens. Buße ist die Abkehr von Sünde und Glaube ist das Vertrauen in Jesus Christus und das Empfangen von Rechtschaffenheit durch ihn. Verteidiger des wohlmeinenden Angebots behaupten, dass Gott wirklich Verdammte retten möchte. Gemäß seiner Anordnung schenkt Gott ihnen allerdings weder Buße noch Glauben, was beides geistliche Gaben sind (Apg. 5,31; 11,18; Phil. 1,29). Es gibt keine Erlösung und keine Erfahrung von Erlösung ohne diese Dinge. Aber wenn Gott sie wirklich retten wollte, warum schenkte er ihnen dann nicht Bußfertigkeit und Glauben?

F. Berufung, Rechtfertigung und Verherrlichung

Lasst uns die großartige apostolische Zusammenfassung von Erlösung in Römer 8,30 betrachten: „Die er aber vorherbestimmt hat, die hat er auch berufen, die er aber berufen hat, die hat er auch gerechtfertigt, die er aber gerechtfertigt hat, die hat er auch verherrlicht." Von vier Dingen wird hier gesprochen: Vorherbestimmung, Berufung, Rechtfertigung und Verherrlichung. Offensichtlich möchte Gott diejenigen retten, die er vorherbestimmt hat. Die er vorherbestimmt hat, die hat er auch berufen, die hat er auch gerechtfertigt und die hat er auch verherrlicht. Also möchte Gott die retten, die er vorherbestimmt oder erwählt hat; darüber gibt es keinen Zweifel. Darum beruft, rechtfertigt und verherrlicht er sie. Aber Gott beruft, rechtfertigt und verherrlicht nicht die Verdammten. Welchen Sinn macht es also zu sagen, dass Gott die Verdammten retten möchte (d.h. sie zu erwählen, berufen, rechtfertigen und verherrlichen), wenn er keines dieser Dinge tut?

G. Mitgliedschaft in der (nicht sichtbaren) Gemeinde

Die Schrift lehrt uns, dass Erlösung auch Mitgliedschaft in der nicht sichtbaren Gemeinde Jesu Christi bedeutet. Christus ist das Haupt und seine Gemeinde der Leib. Die Erwählten bilden alle zusammen Teile seines Leibes und es ist ein vollkommener Leib. Ein Leib, an dem alle Teile angemessen proportioniert sind und perfekt zusammen passen. Dieser verherrlichte Leib wird Christus ohne die kleinste Runzel dargeboten werden (Eph. 5,27). Das ist ein mächtiges Werk der Gnade Gottes. Warum sollte Gott noch andere Teile und Mitglieder zu Christi Leib hinzufügen wollen, den er doch perfekt angeordnet hat? Wir haben zwei Ohren. Würde jemand ein drittes Ohr haben wollen? Wir haben eine Nase. Würde jemand eine zweite Nase haben wollen? Warum sollte Gott eine herrliche Gemeinde mit einem vollkommenen Leib anordnen und bestimmen und dann andere Körperteile hinzufügen wollen, die den Leib deformieren würden?

Die Gemeinde ist ein Tempel, um ein anderes biblisches Bild zu gebrauchen, in welchem jedes erwählte Kind Gottes einen lebenden Stein darstellt. Dieser Tempel ist perfekt gestaltet und konstruiert. Aber wenn Gott wirklich jeden retten möchte, dann möchte er sie auch zu Mitgliedern und Teilen des Tempels machen. Warum würde er mehr Steine für seinen Tempel haben wollen als er in seiner Weisheit dazu bestimmt hat? Wie würden all diese Steine verwendet werden? Die Steine in den Tempel zu integrieren würde den Tempel ruinieren. Warum würde der allwissende Gott das wollen?

H. Freundschaftsbund

Die gesamte Erlösung wird als ein Freundschaftsbund mit dem wahren Gott zusammengefasst. Die Vertreter des freien Angebots halten daran fest, dass Gott sehnlichst und ernsthaft die Verdammten retten möchte. Das bedeutet, dass er sie sehnlichst und ernsthaft zu seinen Freunden im Bund machen möchte. Aber er macht sie nicht zu seinen Bundesfreunden. Stattdessen setzt er Feindschaft zwischen den Samen der Frau (Christus und seine Gemeinde) und den verworfenen Samen der Schlange (1. Mose 3,15). Gott möchte sie zu seinen Freunden machen, macht sie aber nicht zu seinen Freunden. Das lässt Gott wie einen kleinen Jungen auf dem Spielplatz aussehen, der verzweifelt jemanden zu seinem Freund machen möchte. Aber letztlich schafft er es überhaupt nicht eine Freundschft mit dieser Person zu schließen. Das kann nicht der allmächtige Gott sein, der Herr über Himmel und Erde ist!

Sieh dir Psalm 11,5-7 an: „Den Gottlosen und den, der Frevel liebt, haßt seine Seele. Er läßt Schlingen regnen über die Gottlosen; Feuer, Schwefel und Glutwind ist das Teil ihres Bechers. Denn der Herr ist gerecht, er liebt Gerechtigkeit; die Aufrichtigen werden sein Angesicht schauen "

Hört sich das an als würde Gott die Verdammten zu seinen Freunden machen wollen? Er sagt, dass seine Seele sie hasst, das heißt Gott hasst sie in seiner innersten Seele in der Tiefe seines Seins und mit seinem ganzen Herzen.3 Das ganze Menschengeschlecht ist ohne Jesus Christus verschmutzt, dreckig und besudelt und nur die Erwählten werden in Christus, dem einzig Gerechten, geliebt. Deshalb lässt Gott über die Gottlosen Schlingen regnen, Feuer, Schwefel und einen furchtbaren Glutwind. Dies ist der Teil ihres Bechers. Das sind seltsame Methoden, die Gott bei denjenigen anwendet, die er ernsthaft zu seinen Freunden machen möchte!

 

III. Hitler, Antichrist etc.

Wir müssen die Position des freien Angebots noch weiter analysieren, dass Gott die Verdammten wirklich retten möchte und zwar jeden einzelnen Verdammten.

A. Hitler und Stalin

Wenn Gott ernsthaft absolut jeden retten möchte, dann wollte er auch Hitler und Stalin heiligen. Wollen wir das wirklich sagen? Gott erhob diese gottlosen Herrscher (siehe Röm. 9,17) gemäß seiner ewigen Absichten in der Weltgeschichte (Eph. 1,11), um seine Gerichtsurteile in der Welt durch Kriege und Massaker und Hungersnöte und Krankheiten zu offenbaren (Off. 6,4-8). Aber jetzt wird uns gesagt, dass sich Gott ernsthaft und sehnlichst die Rettung Hitlers, Stalins, Dschingis Khans, Pol Pots und all der anderen wünschte und sie auch retten wollte!

B. Antichrist und Judas

Wenn er ernsthaft jeden retten möchte, dann wünschte sich Gott nicht nur Hitler und Stalin zu erneuern und zu heiligen, sondern auch den Antichristen wirksam zu berufen und zu rechtfertigen, denn auch der Antichrist ist ein Teil von "allen". Doch die Absicht Gottes mit dem Kommen Christi ist, den Antichristen mit der Herrlichkeit seiner Wiederkunft zu vernichten (2.Thess. 2,8)! Wenn Gott jeden retten möchte, dann wollte er auch Judas verherrlichen, der „Sohn des Verderbens" genannt wird (Joh. 17,12). „Verderben" bedeutet umkommen, das Umkommen in der Hölle. Judas war ein Sohn der Hölle, einer, der von Ewigkeit her für die Hölle bestimmt war, der durch seine Sünden Zorn für die Hölle auf sich geladen hat. Aber uns wird gesagt, dass Gott wirklich Judas retten wollte. Was für eine Art von Torheit ist das?

C. Esau und der Pharao

Wenn Gott jeden retten möchte, dann wollte er auch Bundesgemeinschaft mit Esau haben. Doch die Schrift sagt: „Jakob habe ich geliebt, Esau aber habe ich gehaßt" (Röm. 9,13). Demnach möchte Gott mit den Menschen Gemeinschaft haben, die er hasst! Das würde auch bedeuten, dass Gott den Pharao des Auszuges aus Ägypten retten wollte, über den wir in Römer 9,17 lesen: „Eben dazu habe ich dich aufstehen lassen, daß ich an dir meine Macht erweise, und daß mein Name verkündigt werde auf der ganzen Erde." Gottes Absicht und Wunsch bezüglich des Pharao war nicht, ihn zu retten; Gottes Absicht und Wunsch bezüglich des Pharao war, ihn im Roten Meer zu vernichten, um seine Macht in den Augen der Menschheit, inklusive uns Menschen heute, zu vergrößern! Das ist, was Gott tatsächlich zum Pharao sagte: „Pharao, ich habe dir den Thron Ägyptens, eines mächtigen Königreichs, gegeben. Ich habe dich mit Reichtümern, tausenden Dienern und einer gewaltigen Armee ausgestattet. Durch meine Vorsehung bist du an großen Bauten beteiligt. Ich habe dich emporgehoben. Und ich habe dies mit einer bestimmten Absicht getan. Ich habe dich nicht erhöht, weil ich die liebe und dich retten will. Ich habe dich erhoben, um meine Macht in deiner Vernichtung zu zeigen. ‘Eben dazu habe ich dich aufstehen lassen, daß ich an dir meine Macht erweise, und daß mein Name verkündigt werde auf der ganzen Erde.’"

Darüber hinaus sind die beiden Männer über die ich gesprochen habe, Esau und der Pharao, keine einmaligen Fälle. Esau und der Pharao illustrieren Gottes Handeln mit allen Verdammten, genau wie alle wahren Söhne Abrahams, wie Jakob, vom Mutterleibe an von Gott geliebt werden (Röm. 9,11 & 13). Von dem speziellen Fall des Pharao (Röm. 9,17) zieht die inspirierte Schrift ein universelles Gesetz bezüglich aller Verdammten: „Er [...] verstockt, wen er will" (Röm. 9,18). Alle Verdammten werden von Gott gemäß ihrer Sünden gehasst (wie Esau) und mittels all der weltlichen Güter, die sie erhalten (wie der Pharao), hebt Gott sie empor, um sie zu vernichten und seine eigene ruhmreiche Souveränität, Gerechtigkeit und Macht zu verherrlichen (Röm. 9,21-22; Westminster Bekenntnis 3.7).

 

IV. Der Charakter Gottes

Die Vorstellung, dass Gott ernsthaft die Verdammten retten möchte, hat furchtbare Konsequenzen für unser Verständnis von und Wissen über Gott. Traurigerweise ergreifen viele das freie Angebot ohne zu durchdenken, welche Auswirkungen dies auf den Charakter des Allerhöchsten hat.

A. Der versagende Gott

Denk einmal darüber nach: Gottes Wunsch die Verdammten zu retten ist an vielen Millionen, ja sogar Milliarden Menschen gescheitert. Gott wollte ernsthaft Milliarden retten, aber sie sind zu Grunde gegangen. Gottes Wille jeden zu retten, ist bei den allermeisten Leuten fehlgeschlagen. Gottes sehnlicher Wunsch jeden zu retten, versagt seit mehr als 6000 Jahren. Mehr noch, wenn Gottes Wille sie zu retten versagt, dann versagt Gott selbst.

B. Der frustrierte Gott

Nicht nur, dass Gott versagt, logischerweise ist er auch frustriert (um wie ein Dummkopf zu sprechen). Denn das Ausmaß der nicht erreichten Wünsche frustriert einen und je größer der Wunsch desto größer die Frustration. Wenn ein schwacher Wunsch unerfüllt bleibt, ist man leicht enttäuscht oder frustriert. Wenn Gottes sehnlicher, aufrichtiger und ernsthafter Wunsch Milliarden Verdammte zu retten versagt, dann würde Gott seit der Schöpfung vor ca. 6000 Jahren zutiefst frustriert sein.4

C. Der widersprüchliche Gott

Mehr noch, gemäß dem freien Angebot versagt Gott nicht nur und ist nicht nur frustriert, sondern Gott widerspricht sich auch. Er möchte die Verdammten leidenschaftlich retten, wird uns gesagt, aber er erwählt sie nicht, er verdammt sie. Er möchte sie wirklich aus dem geistlichen Gefängnis befreien, aber er zahlt das Lösegeld nicht für sie. Er möchte ihnen ernsthaft die Wiedergeburt ermöglichen, aber er will nicht, dass der Leben spendende Geist in ihnen weht. Er wünscht sich sehnlichst, dass sie die Wahrheit des Evangeliums verstehen, ohne die es keine Erlösung geben kann, aber er verbirgt die Wahrheit vor ihnen und darüber sagt Jesus: „Vater, denn so ist es wohlgefällig gewesen vor dir" (Matt. 11,25-26). Er möchte wirklich den Pharao retten, trotzdem erhöht er ihn, um ihn zu vernichten. Der Gott des freien Angebots ist ein Gott, der sich widerspricht.

D. Der lügende Gott

Logischerweise porträtiert das freie Angebot Gott nicht nur als versagend, frustriert und sich widersprechend, es macht Gott auch zu einem Lügner. Denn es sagt, dass er ernsthaft die Verdammten retten möchte, aber trotzdem nicht die notwendigen Schritte unternimmt, um sie zu retten. Zuvor erwähnte ich ungefähr zehn Elemente von Erlösung – und ich hätte mehr erwähnen können – dennoch wirkt Gott kein einziges von ihnen! Des Weiteren gibt es viele Menschen, die das Evangelium niemals in ihrem Leben gehört haben, trotzdem wird uns gesagt, dass Gott sich ernsthaft und sehnlichst ihre Errettung gewünscht hat!

Ich errinnere an das Bild, das ich weiter oben von dem Mann gezeichnet habe, der behauptete wirklich zur Kirche gehen zu wollen, aber keinen der notwendigen Schritte unternahm und stattdessen zum Fußballspiel ging. Wollte er wirklich in die Kirche gehen? Nein. Seine Handlungen falsifizierten seine Beteuerungen. Der Mann, der sagt, dass er ernsthaft in die Kirche gehen möchte, sich dann aber ein Fußballspiel ansieht, lügt. In ähnlicher Weise ist auch ein Gott, der sagt er möchte ernsthaft die Verdammten retten, aber nichts für ihre Errettung wirkt und sie stattdessen verdammt und verhärtet, ein lügender Gott. Um genauer zu sein, die Leute, die Gott porträtieren als würde er sich aufrichtig wünschen die Verdammten zu retten, lügen, denn Gottes Wort offenbart, dass er nicht eines der notwendigen Dinge unternimmt, um seinen angeblichen Wunsch zu erfüllen.

 

V. Die Eigenschaften Gottes

Um einen Schritt weiterzugehen, der versagende, frustrierte, sich widersprechende, lügende Gott, von dem gesagt wird, dass er ernsthaft die Verdammten retten möchte, ist überhaupt nicht Gott, denn er hat nicht die Eigenschaften oder die Vollkommenheit Gottes.

A. Gottes Einheit

Der wahre Gott ist absolut eins in seinem Wesen oder seiner Natur. Dass Gott eins ist bedeutet, dass er eins ist was seine Absichten, seinen Willen und sein Verlangen betrifft. Sein Verlangen ist nicht zweigeteilt und er hat auch nicht zwei Willen oder zwei Absichten. Wir werden aufgerufen der perfekten Einheit oder Einfachheit von Gottes Wahrheit zu lauschen: „Höre Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr allein" (5.Mose 6,4). „Höre Israel" – Gott sagt uns etwas von großer Bedeutung. „Höre Israel" bedeutet „Höre Gemeinde Christi", weil Israel die Gemeinde im Alten Testament gewesen war. „Höre Gemeinde, der Herr unser Gott ist ein Gott, mit einer Absicht und einem Willen und nicht zwei Absichten oder zwei Willen (Hiob 23,13) wie das freie Angebot ihn darstellt, weil er Gott ist und Gott ist eins!"

B. Gottes Unwandelbarkeit

Denken wir doch einmal über die Unwandelbarkeit oder Unveränderlichkeit Gottes nach. Gemäß dem freien Angebot möchte Gott die Verdammten in der Zeit retten. Aber wenn man an der Wahrheit von Verdammnis festhält – einer biblischen und reformierten Lehre – dann muss man daran festhalten, dass Gott die Verdammten in „ewiger Vergangenheit" nicht erwählt hat oder sie retten will, weil er sie verdammt hat. In der „ewigen Zukunft", wenn die Verdammten in der Hölle sein werden, wird Gott sie eindeutig ebenfalls nicht retten wollen.

Die Position des freien Angebots sagt, dass Gott sie leidenschaftlich retten möchte, dennoch verdammt er sie vor Grundlegung der Welt. Vor der Schöpfung wollte er sie also nicht retten, aber danach in der Zeit wollte er sie retten und wenn sie sterben möchte er sie wieder nicht retten. Er möchte sie also nicht retten, dann möchte er sie doch retten und dann möchte er sie wieder nicht retten. Wenn das keine Veränderung ist, dann weiß ich auch nicht, was das sein soll. Die Bibel sagt, dass bei Gott „keine Veränderung ist, noch ein Schatten infolge von Wechsel" (Jak. 1,17). Gott verändert sich nicht. Da ist nicht einmal ein Flackern seines Schattens, so als würde Gott sich nur ein wenig verändern und sein Schatten sich ein bisschen bewegen. Es ist absolut „kein Schatten infolge von Wechsel" bei Gott.

Gott beschloß auch keine Abfolge von Gesinnungen in sich selbst, so dass er die Verdammten in der „ewigen Vergangenheit" nicht, in der jetzigen Zeit aber doch und in der „ewigen Zukunft" wieder nicht retten will. Gott kann sich weder verändern noch verordnen sich zu ändern. Gott beschließt Dinge außerhalb seiner selbst. Gott verändert sich selbst oder seine Gesinnung nicht. Gott ist er selbst. Seine Beschlüsse betreffen alles außerhalb seiner selbst, keinesfalls ihn selbst. Er ist der beschließende Schöpfer; das Universum ist die von ihm beschlossene Schöpfung.

C. Gottes Macht

Was ist mit Gottes Macht? Hiob 23,13 macht deutlich: „Was er will, das tut er." Zwischen Gottes Willen und seinem Handeln besteht eine absolut perfekte Übereinstimmung. Wenn er etwas tut, dann weil er es so will. Wenn er etwas will, dann tut er es auch. Wenn er etwas nicht will, dann tut er es auch nicht. Wenn er etwas nicht tut, dann will er es nicht. Das ist die absolut perfekte Übereinstimmung zwischen Gottes Willen und seinem Handeln. Was seine Seele möchte, nur das (und nichts anderes) tut er.

Psalm 135,6 sagt: „Alles, was dem Herrn wohlgefällt, das tut er, im Himmel und auf Erden, in den Meeren und in allen Tiefen." „Alles, was dem Herrn wohlgefällt" – das ist der Bereich, der Gottes Wünsche, sein Wollen und Möchten ausmacht. „Was auch immer dem Herrn gefällt, das tut er." Das tut er „im Himmel", das tut er „auf Erden," das tut er „in den Meeren" und in „allen Tiefen."

Ähnlich bezeugt auch Psalm 115,3: „Aber unser Gott ist im Himmel; er tut alles, was ihm wohlgefällt." Ein Gott, der nicht tut, was immer ihm gefällt ist kein Gott und er ist ganz sicher nicht in seinem Himmelreich. Aber unser Gott ist im Himmel! Was auch immer ihm gefällt, das vollbringt er. Psalm 115 zeigt den wahren Gott im Gegensatz zu einem Götzenbild. Götzenbilder haben Augen, sehen aber nicht; sie haben Ohren, doch hören sie nicht; sie haben Hände, aber tun nichts; sie haben Füße, aber bewegen sich nicht (V.5-7). Aber unser Gott ist im Himmel. Er tut, was immer ihm gefällt. Was immer ihm gefällt, das tut er. Was immer er tut, tut er, weil es ihm gefällt. Es gibt nichts, was er tun möchte, tun will oder ihm gefällt zu tun und er tut es nicht, weil „unser Gott im Himmel [ist]; er tut alles, was ihm wohlgefällt."

In Augustins Abhandlung über Erwählung und Verdammnis in Abschnit xciv-ciii seines Handbuchs widerlegt er das freie Angebot anhand von Gottes Einheit, Unveränderlichkeit und Macht, mit ähnlichen Argumenten wie sie in diesem Artikel entwickelt wurden, zweimal zitiert er Psalm 115,3:

Und mit Sicherheit gibt es keine Ungerechtigkeit in Gottes Unwillen sie zu retten, obwohl sie hätten gerettet werden können, hätte er es so gewollt. Seinerzeit wird im klarsten Licht der Weisheit das gesehen werden, was jetzt mit Frömmigkeit im Glauben geschieht, obwohl es noch keine Frage eines bestimmten Wissens ist wie gewiss, wie unveränderlich und wie wirksam der Wille Gottes ist; wieviele Dinge er tun kann, die er nicht tun will, allerdings will er nichts, was er nicht tun kann; und wie wahr ist das Lied des Psalmisten: „Aber unser Gott ist im Himmel; er tut alles, was ihm wohlgefällt." Ganz sicher ist nicht wahr, dass Gott jemals etwas gewollt hat, was er nicht vollbrachte; und schlimmer noch, dass es der Wille des Menschen war, der den Allmächtigen daran gehindert hat etwas zu tun, was ihm gefiel. Nichts passiert deshalb ohne den Willen des Allmächtigen, entweder er erlaubt, dass etwas geschehen soll oder er tut es selbst [...] sofern wir nicht genötigt werden zu glauben, dass der allmächtige Gott irgendetwas gewollt hat, was nicht getan wurde: Um jede Uneindeutigkeit beiseite zu räumen, wenn „unser Gott [ ...] im Himmel; [ ...] alles [ tut], was ihm wohlgefällt", wie der Psalmist über ihn singt, wollte er eindeutig nichts tun, was er nicht getan hat.5

D. Gottes Weisheit

Von Gottes Macht, wenden wir uns nun Gottes Weisheit zu. Was ist die Weisheit Gottes? Sie ist seine Anpassung aller Dinge zur Herrlichkeit seines Namens. In seiner Weisheit erfüllt Gott alle seine Pläne und seine Wünsche. Unerfüllte Wünsche bedeuten nicht nur begrenzte Macht, sondern auch begrenzte Weisheit.

Einige Dinge würden wir gerne tun. Doch die Dinge laufen nicht so wie wir wollen. Das zeigt, dass wir nicht die vollkommene Weisheit haben alles in unserem Leben zurechtzulegen oder zu arrangieren; dass uns bezüglich einiger Bereiche etwas fehlt. Gottes Weisheit bedeutet, dass sein Verlangen, alle seine Wünsche und sein Wille im gesamten Universum immer vollkommen erfüllt werden. Die Ansicht, dass Gott die Verdammten retten möchte steht im Konflikt mit Gottes Weisheit, denn obwohl er die Verdammten retten möchte, richtet er nicht alles so ein, dass sie erlöst werden. Stattdessen sind alle Dinge, inklusive Verdamnis (Röm. 9), Wohlstand (Psalm 73) und Predigten (2.Kor. 2,15-17) vollkommen auf ihre Vernichtung ausgerichtet.

 

VI. Calvinismus

Das freie Angebot hat nicht nur verheerende Konsequenzen für die eigene Lehre von Gott, sie hat auch verheerende Konsequenzen bezüglich des Calvinismus.

A. Verdammnis

Wenn man am freien Angebot festhält, es durchdenkt und auf andere Aspekte der Theologie einer Person bezieht, muss sich die Lehre von der Verdammnis verabschieden sowohl auf die Lehre als auch auf die Geschichte bezogen. Denn wenn Gott wirklich jeden retten wollte, hätte er dann einige dazu bestimmt nicht gerettet zu werden? Denk darüber nach. Gott möchte wirklich jeden retten, aber was tut er? Er entscheidet sich, sie nicht zu retten. Diese Dinge passen nicht zusammen. Der Streitpunkt, dass das Verlangen Gottes jeden zu retten den ewigen Beschluss der Verdamnis verwirft, hat die Schlacht in den meisten presbyterianischen und reformierten Kirchen gewonnen. Die christlich reformierte Kirche in Nordamerika nahm das freie Angebot bereitwillig an und machte es zu einer verpflichtenden Lehre im Jahr 1924. Henry R. Boer sagte 1974 auf ihrer Synode: „Einen Moment, wenn Gott wirklich jeden retten möchte, warum erklärt unser Bekenntnis, dass Gott in Ewigkeit beschlossen hat einige Menschen nicht zu retten?" Die Synode konnte diesem Argument nichts entgegenbringen. Das erste Lehrstück der Dordrechter Lehrsätze von der (Erwählung und) Verdammnis (mit ihrer Zurückweisung von Irrtümern) wurde so zum toten Buchstaben.

Was ist außerdem mit dem Prediger, der das freie Angebot vertritt und behauptet ein Calvinist zu sein? Vor Gott und den Menschen muss er kühn und ungeniert die biblische und reformierte Lehre der souveränen, bedingungslosen und doppelten Prädistination lehren. Doch er glaubt, dass Gott sehnlichst die Verdammten retten möchte. Seine schwierige Aufgabe ist es, zwei gegensätzliche Botschaften zu predigen und dabei zu versuchen sie in irgendeiner Art und Weise miteinander zu versöhnen sowohl in seinem Denken als auch bei seinen Zuhörern.6 Keine leichte Aufgabe! Im Angesicht dieses Rätsels und der gegebenen schmackhafteren Natur des freien Angebots (sowohl in Bezug auf das eigene sündige Fleisch als auch auf die arminianischen Zuhörer), ist es kein Wunder, dass die Wahrheit der Verdammnis sowohl in den Predigten und als auch in den Köpfen des Predigers und der Menschen als eine undeutliche und diffuse Lehre in den Hintergrund zurücktritt, die mit allen Arten von Schwierigkeiten und Problemen beladen ist. Die sieben mageren Kühe fressen die sieben fetten Kühe, denn die biblische Lehre von der Verdammnis wird verschwiegen, während die angeblich flammende Sehnsucht des Allmächtigen jeden retten zu wollen die Bühne tritt.

B. Begrenzte Sühne

Eine andere Lehre, die sich logisch und geschichtlich verabschieden muss, ist die Lehre der begrenzten oder bestimmten Sühne. Denk darüber nach. Gott ersehnt sich und möchte wirklich jeden retten, aber Erlösung ist unmöglich sofern Christus nicht für sie stirbt. Dann muss Gott den Herrn Jesus gesandt haben, um für alle zu sterben. Folglich haben wir die Irrlehre des allgemeinen Sühnopfers, die die Dordrechter Lehrsätze, in Verbindung mit den gesamten Lehren des Arminianismus, als die aus der Hölle gezogene Irrlehre der Pelagianer beschreiben (Dordrechter Lehrsätze II, Verwerfung der Irrtümer 3).

Harold Dekker von der christlichen reformierten Kirche argumentierte in den 1960ern so: „Wartet einen Moment, wenn Gott wirklich jeden retten möchte und die Bekenntnisse sagen, dass Christus nur für die Erwählten starb, haben wir ein Problem. Denn da Gott wirklich jeden retten möchte – wenn das überhaupt etwas bedeutet – dann muss er Christus gesandt haben, um für alle zu sterben."

Deshalb gibt es heute so genannte Calvinisten, die Johannes 3,16 zitieren: „Denn so [sehr] hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab" und diesen Vers verwenden, um mit ihm für eine allumfassende Liebe Gottes durch das Kreuz Christi für jeden Menschen zu argumentieren. Dies ist einer der Schlüsseltexte, den die Arminianer missbrauchen und so genannte Calvinisten stimmen genau genommen mit ihrer Interpretation von Johannes 3,16 überein. Sie sagen dann: „Wir sind die wirklichen Calvinisten und Menschen, die nicht am freien Angebot festhalten sind Hyper-Calvinisten." Die Definitionen ändern sich; die Schrift wird verdreht; Menschen werden getäuscht.

C. Unwiderstehliche Gnade

Unwiderstehliche Gnade ist der vierte Punkt des Calvinismus. Die Annahme, dass Gott sehnlichst jeden retten möchte, inklusive der Verdammten, ist per Definition eine Gnade, der widerstanden werden kann. Gott möchte sehnlichst jeden retten – es gibt also eine Art Gnade für die Verdammten, eine Gnade, der widerstanden werden kann und der immer widerstanden wurde. Folglich haben wir unwiderstehliche und widerstehliche Gnade – zwei Arten von Gnade. Was in aller Welt sind zwei Arten von Gnade? Da ist ein Gott. Ein Gott, der eine Gnade hat. Aber das freie Angebot lehrt zwei Arten von Gnade. Es gibt eine widerstehliche und eine unwiderstehliche Gnade. Was geht hier vor?

D. Totale Verderbtheit

Was ist mit totaler Verderbtheit? Wenn Gott jeden retten möchte, warum ist dann nicht jeder gerettet? Vielleicht haben einige seiner Gnade widerstanden, wohingegen andere Leute etwas williger waren. Auf diese Weise kommt der freie Wille ins Spiel. Damit anzufangen, entfernt einen immer weiter von Gottes Wahrheit Richtung Irrtum. Viele Leute, die gerne am freien Angebot und in irgendeiner Art und Weise am Calvinismus festhalten möchten, würden dies zurückweisen. Aber so ist es bereits vielen Menschen ergangen und vielen anderen wird es noch so gehen.

E. Logische Inkonsistenzen

Dies alles beweist, dass der Calvinismus, die Wahrheit von Gottes souveräner bestimmter Gnade, der in der Schrift gelehrt und in den Dordrechter Lehrsätzen zusammengefasst wird und die Theologie des freien Angebots nicht konsistent sind und nicht miteinander versöhnt werden können. Viele Verteidiger des freien Angebots geben dies auch zu. Sie räumen ein: „Calvinismus und den Wunsch Gottes die Verdammten zu retten kann ich nicht in Übereinstimmung bringen. Das passt nicht zusammen." Anstatt allerdings daraus zu schlussfolgern „einen Moment mal, es gibt hier ein Problem, weil Gottes Wahrheit eins und immer konsistent ist," sagen sie „es ist ein Paradoxon, ein Mysterium." Was sie aber wirklich meinen ist, dass es ein völliger Widerspruch ist. Sie geben diesem nur ausgefallene Bezeichnungen wie Mysterium oder Paradox.

Besonders in den letzten 100 Jahren wurde der Wunsch Gottes die Verdammten zu retten in reformierten Kreisen gelehrt und gefördert. Dabei haben sie es immer noch nicht geschafft zu zeigen, wie das freie Angebot und die fünf Punkte des Calvinismus der Dordrechter Synode (inklusiver deren „Verwerfung der Irrtümer") zusammen passen. Doch alle wahren Lehren, wie die Lehren der Dreieinigkeit, der Gottheit, der Person und der zwei Naturen Christi, Schöpfung, Vorsehung, unwiderstehliche Gnade etc. sind nicht widersprüchlich, sondern kohärent. Konsistenz ist ein Kennzeichen von Wahrheit; Widersprüche sind Kennzeichen der Lüge.

Darüber hinaus setzen sich Prinzipien durch. Falsche Lehren beeinflussen das eigene Wissen vom wahren und lebendigen Gott schwerwiegend, besonders wenn sie vollständig in die eigene Theologie aufgenommen, verkündigt und verteidigt werden. Sowohl in der Kirchengeschichte als auch im Glauben und im Leben von bekennenden Christen ist dies klar erkennbar.

F. Amyraldianismus

Ein Beispiel dafür: Im 17. Jahrhundert Frankreichs lebte ein Häretiker namens Moses Amyraut. Amyrauts Lehre wurde als Amyraldianismus oder Hypothetischer Universalismus bezeichnet. Amyraut lehrte, dass es zwei Erwählungen bezüglich der Erlösung der Menschheit gibt. Die erste Erwählung ist Gottes Auswahl absolut aller zur Errettung unter der Bedingung, dass sie glauben. Aber natürlich wird niemand glauben, weil wir alle total verdorben sind. Also hat Gott zum zweiten Mal erwählt und zwar diejenigen, denen er Glauben zur Errettung schenken möchte. Was für ein verdrehtes Gedankengebäude! Amyraut ersann auch eine Theorie, die einen Doppelbezug von Jesu Sühnung lehrte. Christus starb für jeden einzelnen Menschen, wenn sie nur glauben würden. Da aber niemand glauben wird, weil alle unter der Knechtschaft der Sünden stehen, sandte Gott Jesus um Sühnung für die zu erwirken, die er auserwählt hat zu glauben. Amyraut behauptete, dass dies der wahre Calvinismus sei, die Lehren Johannes Calvins, begründet in der heiligen Schrift.

Innerhalb einer relativ kurzen Zeit steuerte die reformierte Kirche in Frankreich, aufgrund der amyraldianischen "Modifikation" des Calvinismus, immer weiter auf den Arminianismus zu. Der Amyraldianismus spaltete die Kirche und laugte deren geistige Kraft aus. Die kirchlichen Synoden waren nicht stark genug, um damit fertig zu werden. Ein Analyst und Historiker des gallischen Calvinismus bezeichnete Amyraut als „den Totengräber der französisch reformierten Kirche."7 Wenn man heute nach Frankreich reist, würde man niemals glauben, dass zu einer bestimmten Zeit fast das halbe Land calvinistisch gewesen ist. Warum sind nur wenige reformierte Kirchen in Frankreich zu finden? Warum sind die wenigen französisch reformierten Kirchen so schwach in der Lehre? Es begann mit Amyraut und seinem „modifizierten Calvinismus." Er war der Totengräber und der Amyraldianismus war sein Spaten. Prinzipien setzen sich durch.

Die Theologie des freien Angebots fällt dort auf fruchtbaren Boden, wo die robuste biblische und reformierte Lehre von Gott – seine vollkommene Einheit, seine absolute Unwandelbarkeit, seine unwiderstehliche Macht, seine unendliche Weisheit und sein souveräner Ratschluss – sowie der antithetische Calvinismus der Dordrechter Lehrsätze nicht gekannt und geliebt werden und sich niemand an ihnen erfreut. Daher sind in unseren Tagen in nominellen evangelischen und reformierten Kirchen so viele, die nicht richtig in der Wahrheit verankert sind, offen für das freie Angebot. Auf diese Weise können sie behaupten calvinistisch und reformiert zu sein und gleichzeitig einen Kompromiss mit Arminianern und dem Arminianismus eingehen. Sie denken, sie können alles haben!

 

VII. Eine nutzlose Lehre

Das freie Angebot kann nichts Positives bewirken. Gemäß Gottes ewigem Ratschluss steht die Zahl der Erwählten und Verdammten unwideruflich fest (Westminster Bekenntnis Artikel 3.4; Dordrechter Lehrsätze I, Artikel 11). Die Erwählten sind durch Gottes unwiderstehliche Gnade in Christus errettet und die Verdammten gehen an ihren Sünden und ihrem halsstarrigen Unglauben zugrunde.

Das freie Angebot rettet genau genommen niemanden. Das freie Angebot hat niemanden gerettet; nicht eine einzige Person wurde jemals durch das freie Angebot errettet. Das freie Angebot wird auch niemanden retten. Warum? Weil das freie Angebot niemanden retten kann. Per Definition kann es keine einzige Person retten. Das freie Angebot drückt einen Wunsch Gottes aus die Verdammten zu retten, die Verdammten können aber laut Definition nicht gerettet werden! Also hat Gott ein glühendes Verlangen die zu retten, die nicht gerettet werden können. Er hat einen Feuereifer die zu retten, die er dazu bestimmt hat sie nicht zu retten. Was für eine skurrile und nutzlose Lehre! Doch solange du diese Lehre nicht predigst, predigst du gemäß ihren Vertretern nicht wirklich das Evangelium! Das bedeutet, dass solange du nicht ein schwaches und prinzipiell widerstehliches Verlangen Gottes predigst die zu retten, die gemäß Gottes ewiger Verdammnis nicht gerettet werden können, du nicht wirklich das Evangelium predigst. Man wird dann als Hyper-Calvinist denunziert! Das reformierte und biblische Evangelium „ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben (Röm. 1,16)! Darum „schämen" wir uns dessen nicht (V.16) und darum ist das freie Angebot eine schändliche Parodie des „Evangelium[s] von der [unwiderstehlichen] Gnade Gottes " (Apg. 20,24) der apostolischen Christenheit!

Nimm die radikalen Unterschiede zwischen der Theologie des freien Angebots und der „wahre[n] Gnade Gottes" zur Kenntnis (1.Petrus 5,12). Dem freien Angebot kann widerstanden werden und wurde auch immer widerstanden; Gottes Gnade aber ist immer unwiderstehlich. Das freie Angebot ist unwirksam, immer unwirksam; Gottes Gnade ist immer wirksam. Das freie Angebot ist endlich und hat niemanden gerettet oder einen einzigen Sünder auch nur einen Zentimeter näher an das Himmelreich gebracht; Gottes Gnade ist allmächtig und rettet immer. Das freie Angebot ist eine veränderliche, zeitliche Gnade; Gottes Gnade ist unveränderlich und ewig, „denn seine Gnade währt ewiglich" (Psalm 136,1-26).

Wie kann also dieses angebliche Verlangen Gottes die Verdammten zu retten, dem wahren und lebendigen Gott zugeschrieben werden? Laut Definition ist das freie Angebot eine widerstehliche, machtlose, veränderliche und zeitliche Gnade, wohingegen die wahre Gnade Gottes unwiderstehlich, allmächtig, unveränderlich und ewig ist. Das freie Angebot hat die Eigenschaften des arminianischen Gottes, also im Grunde die Eigenschaften von Menschen: widerstehlich, machtlos, veränderlich und zeitlich.

In der Kirche besteht immer die Tendenz, Gott uns selbst ähnlich zu machen. In Psalm 50 weist Gott Israel zurecht „da meintest du, ich sei gleich wie du" (V.21). Denn für die Sünde sich einen Gott nach eigenem Bilde zu schaffen, sagt Gott, dass er sie deswegen „zurechtweisen" (V.21) und „hinwegraffen" wird (V.22).

 

VIII. Eine „nützliche" Lehre

Obwohl das freie Angebot an sich nicht Teil der „Lehre [ist], die der Gottesfurcht entspricht" (1. Tim. 6,3) durch die der Sohn Gottes seine Gemeinde „sammelt, beschützt und bewahrt" (Heidelberger Katechismus, A 54), erfüllt es für seine Vertreter doch einen „Verwendungszweck".

A. Evangelisation

Es ist „nützlich" in Bezug auf Evangelisation. Stell dir einen bekennenden Calvinisten vor, der am freien Angebot festhält. Effektiv betrachtet verfügt er über zwei Evangelien. Einmal hat er den Calvinismus, der Gottes bestimmte Gnade in der Erwählung, im Kreuz, in der Wiedergeburt, in der Rechtfertigung, in der Bewahrung, in der Verherrlichung etc. lehrt. Dann wiederum hat er das freie Angebot und den Arminianismus: „Gott liebt dich und möchte dich retten."

Aus meiner Zeit als Student an der Queens Universität in Belfast erinnere ich mich an einen jungen Mann, der ein Vertreter dieser zweigleisigen Theologie gewesen ist. Um ein Zeugnis vor ungläubigen Studenten abzugeben, kam er damit: „Gott liebt dich und möchte dich retten." Doch wenn er mit mir sprach behauptete er ein Calvinist zu sein und teilte mir seine calvinistischen Überzeugungen mit. Aber Gottes souveräne Gnade war nicht Inhalt seiner Botschaft an Ungläubige. Er hatte zwei verschiedene Botschaften für zwei verschiedene Gruppen. Ich brachte allen das gleiche Evangelium, den Ungläubigen und den Gläubigen, denn es gibt nur ein Evangelium von Gottes souveräner Gnade (Apg. 20,24).

Du kannst sehen, wie viel „einfacher" diese nette, weiche, sanfte, nicht Anstoß erregende Herangehensweise für Christen anzunehmen ist, wenn sie Ungläubigen begegnen. Erzähle ihnen einfach, dass Gott sie liebt und sie retten möchte! Oh, wie "nützlich" das freie Angebot doch ist! Es vermeidet den biblischen Anstoß während des Evangelisierens: den Tadel des Kreuzes, das Ärgernis des Evangeliums. Ich sage natürlich nicht, dass wir uns beim Evangelisieren angreifend verhalten sollen. Nein, wir müssen freundlich sein, „die Wahrheit reden in Liebe" (Eph. 4,15). Aber wir müssen von der „Wahrheit in Liebe" sprechen und nicht von der Lüge. Was sollen wir bezeugen? „[...] und ihr seid meine Zeugen, spricht der Herr, daß ich Gott bin" (Jesaja 43,12). Wir haben nicht die Befugnis einen versagenden, frustrierten, sich widersprechenden, lügenden Gott zu bezeugen, der nicht vollkommen eins, unwandelbar, allmächtig und weise ist. Das wäre ein Gott, der die Verdammten nicht rettet, obwohl er es inständig und leidenschaftlich möchte. Wir verkünden, dass Gott Gott ist und nicht, dass er alles in allem so ist wie wir selbst (Psalm 50,21).

B. Gemeinschaft mit Arminianern

Das freie Angebot ist nicht nur in der Evangelisation "nützlich", sondern auch, um Gemeinschaft mit Arminianrern zu ermöglichen. Lasst uns klar festhalten: der Calvinismus, wie er in den Dordrechter Lehrsätzen zusammengefasst ist, lehrt nicht, dass der Arminianismus ein alternatives Evangelium, sondern eine tödliche Irrlehre ist. Dennoch rühmen viele so genannte Calvinisten, die am freien Angebot festhalten (und diejenigen als „Hyper-Calvinisten" betiteln, die nicht mit ihnen übereinstimmen) Arminianer wie John Wesley, der den Calvinismus leidenschaftlich hasste – Gottes souveräne Gnade in Jesus Christus! – und der Erwählung als „Blasphemie" bezeichnete.8 John Wesley sagte den Menschen, dass sie nicht in Gemeinden gehen sollten, die lehrten, dass Christus nur für die Erwählten gestorben ist. Er sagte sogar – in so vielen Worten! – dass das Blut Christi für Menschen vergossen wurde, die in die Hölle kommen.9 Sein Bruder Charles Wesley schrieb viele Kirchenlieder, die sich der Erwählung, Verdammung, der begrenzten Sühne, der unwiederstehlichen Gnade etc. widersetzen. Wenn "freie-Angebots-Calvinisten", wie Iain Murray, Arminianer wie John und Charles Wesley rühmen, offenbaren sie dadurch, dass ihr Calvinismus nicht der rechtgläubige, biblische der Dordrechter Lehrsätze ist.10

Die große Mehrheit der "freien-Angebots-Calvinisten" haben Gemeinschaft mit den Arminianern. Wie nützlich das freie Angebot doch ist! Du kannst behaupten ein Calvinist zu sein (und dir so einen Namen in Bezug auf Strenggläubigkeit machen) und die Arminianer glücklich machen, indem du die Liebe und das Verlangen Gottes predigst, jeden Menschen erreichen und erlösen zu wollen. So musst du nicht für die Wahrheit Gottes im Gegensatz zur Lüge des Arminianismus einstehen und du kannst mit denjenigen Gemeinschaft pflegen, die die Wahrheit des Evangeliums leugnen.

Es muss auch hervorgehoben werden, dass die große Mehrheit der "freien-Angebots-Calvinisten" Arminianer als Mitglieder in ihren Gemeinden haben oder sogar als Diakone, Älteste oder Prediger. Diese "freien-Angebots-Calvinisten" weigern sich, sie zu ermahnen und zu disziplinieren, obwohl ihre eigenen Bekenntnisse lehren, dass der Arminianismus eine Irrlehre ist. Ihre Kanzeln sind bemerkenswert still bezüglich der arminianischen Irrlehre, wohingegen diejenigen, die am puren, antithetischen Calvinismus der Dordrechter Lehrsätze festhalten als Hyper-Calvinisten verunglimpft werden!

Korrekterweise warnt John Owen vor der Gemeinschaft mit Arminianern und ihrer Lehre vom freien Willen: „Eine Gemeinde kann in ihrer Gemeinschaft nicht Austine [sprich Augustine] und Pelagius, Calvin und Arminius vereinen."11 Diejenigen, die an Gottes souveräner, bestimmter Gnade in Christus festhalten, müssen keinen fleischlichen Frieden mit Arminianern suchen:

Das heilige Band des Friedens verbindet nur die Einheit des Geistes, der in aller Wahrheit leitet. Wir müssen nicht die rechte Hand der Gemeinschaft, sondern eher einen "heiligen Krieg" gegen die Feinde von Gottes Vorsehung, Christus Verdienst und des mächtigen Wirkens des Heiligen Geistes verkünden.12

Diejenigen, die Arminianer in ihren Gemeinden tolerieren und diejenigen als „Hyper-Calvinisten" beschimpfen, die an Gottes unverfälschter souveräner Gnade festhalten, zeigen damit, dass sie keine wahren Calvinisten sind. Ihre Kritik an denjenigen, die die Wahrheit der Dordrechter Lehrsätze lieben und daran festhalten, sollte als das bezeichnet werden was es ist: reine Scheinheiligkeit.

Wir müssen allerdings festhalten, dass es wiederum Menschen gibt, denen von denen mit einem Ruf für Strenggläubigkeit erzählt wurde, dass Gott jeden liebt und jeden retten möchte und die das freie Angebot einfach akzeptierten, ohne wirklich darüber nachgedacht zu haben. Nun ist der Zeitpunkt gekommen die Schriften zu erforschen und den Geist des freien Angebots zu prüfen (Apg. 17,11; 1. Joh. 4,1)!

 

IX. Die biblische Position

A. Predigen

Was ist jedoch der Grund das Evangelium zu verkünden, wenn es nicht Gottes Verlangen ist, jeden zu retten? Das Gebot Gottes: „Geht hin in alle Welt und verkündigt das Evangelium der ganzen Schöpfung!" (Markus 16,15; vgl. Matt. 28,18-20). Der Herr ermahnt uns: „Predigt! Verkündet allen das Evangelium!" Das Evangelium wird in jedem Wort Gottes verkündet, besonders wenn es auf den gekreuzigten, auferstandenen und erhöhten Christus zentriert wird und auf Versöhnung, Rechtfertigung, Vergebung und Frieden durch sein Kreuz. Dieses Evangelium kommt mit Geboten und Ermahnungen. Alle, die das Evangelium hören, werden aufgerufen Buße zu tun und an Jesus Christus, den einzigen Erlöser, zu glauben. Die Bibel gebietet uns, jedem zu verkünden zu Jesus zu kommen, um Erlösung zu erlangen. Die Schrift gebraucht Worte wie tut Buße, bekehrt euch, kehrt um oder glaubt und deren Synonyme wie vertraue, komm, iss, trink, höre und sieh. Diese Ermahnungen müssen in der Verkündung des Evangeliums Gottes ausgesprochen werden.

Die Anweisung aus Matthäus 11,28 („Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken") ist noch genauer, denn Jesus richtet sich speziell an jene, die „mühselig und beladen" sind, an diejenigen, für die Sünde und Schuld zu einer Last geworden ist, die sie niederdrückt wie ein Tier, welches eine schwere Last auf seinem Rücken trägt. Das Spüren der Last der Sünde ist eine Frucht der Erwählung (Dordrechter Lehrsätze I, Artikel 12). Jesus ruft diejenigen, die durch ihre Sünden beladen sind, an ihn zu glauben um Ruhe zu finden. Komm zu ihm mit all deinen Sünden, deiner Schuld und Schande! Alle, die bußfertig und im Glauben zu Christus fliehen, werden gewiss gerettet werden (Joh. 6,37).13

Die Bibel lehrt auch, dass wir uns an die wenden müssen, die sich außerhalb von Jesus Christus befinden und die Last ihrer Sünden nicht spüren. Kehr um von deinen Sünden und komme zu ihm! Der Pastor sollte die unbekümmerten Unbekehrten tadeln und ermahnen und sie zur Buße und zum Glauben aufrufen.

Der Hyper-Calvinismus leugnet andererseits die Pflichtbuße und den Pflichtglauben und dass jeder dazu aufgerufen wird, seine Sünden aufzugeben und an Jesus Christus zu glauben. Wir hingegen lehren die Pflichtbuße und den Pflichtglauben. Gott „gebietet [...] allen Menschen überall, Buße zu tun" (Apg. 17,30). Alle müssen Buße tun. Alle müssen glauben. Falls sie nicht Buße tun und nicht glauben ist dies eine abscheuliche Übertretung, die Gott überaus erzürnt. Der Allmächtige ist über diese Sünde genauso zornig wie über all ihre anderen Sünden. Gottes Zorn richtet sich besonders gegen die Sünde des Unglaubens, weil es die Halsstarrigkeit des Menschenherzens, seine stolze Selbstgerechtigkeit und seine Verachtung des vom Vater vielgeliebten Sohnes zeigt. Wir weisen den Hyper-Calvinismus zurück und predigen gegen ihn. Und dennoch werden wir für all das als Hyper-Calvinisten bezeichnet! Eine neue Definition von Hyper-Calvinismus taucht auf und dann werden reformierte Christen und Kirchen fälschlicherweise mit diesem schmählichen Ausdruck gebrandmarkt.14 Daher befassen sich Menschen nicht mit dieser Streitfrage. Vertreter von Gottes bestimmter Gnade werden kurzerhand von Leuten als Hyper-Calvinisten abgewiesen, die in Verlegenheit geraten würden auch nur erklären zu müssen, was Calvinismus eigentlich bedeutet.

B. Sich die Erlösung seines Nächsten wünschen

Folgendes muss auch klar gestellt werden: Obwohl Gott nicht die Erlösung jedes einzelnen Menschen möchte, ist die Berufung der Christen – deine Berufung und meine Berufung – sich die Erlösung unseres Nächsten zu wünschen. Das ist biblisch. Der Apostel Paulus sagte zu König Agrippa: „Ich wünschte mir von Gott, daß über kurz oder lang nicht allein du, sondern auch alle, die mich heute hören, solche würden, wie ich bin, ausgenommen diese Fesseln" (Apg. 26,29). Paulus wünschte, wollte und ersehnte sich („Ich wünschte mir von Gott"), dass jeder dort (Agrippa und „alle, die mich heute hören") Christen würden, wenn auch kein Gefangener so wie er selbst („würden, wie ich bin, ausgenommen diese Fesseln"). Diesem apostolischen Verlangen sollten wir als Beispiel nacheifern.

Etwas Ähnliches sagt Paulus in Römer 10,1 und zu Beginn von Römer 9, dem großartigen Kapitel in Bezug auf bedingungslose, doppelte Prädistenation (sogar in den Generationen von Gläubigen). Zuerst bekräftigt er dreimal, dass er die Wahrheit spricht: „[1] Ich sage die Wahrheit in Christus, [2] „ich lüge nicht, [3] wie mir mein Gewissen bezeugt im Heiligen Geist" (Röm. 9,1). Seine ernste Beteuerung ist, dass er zutiefst betrübt und beladen ist: „Daß ich große Traurigkeit und unablässigen Schmerz in meinem Herzen habe" (V.2). Worüber ist sein Herz so zerbrochen? „Ich wünschte nämlich, selber von Christus verbannt zu sein für meine Brüder, meine Verwandten nach dem Fleisch" (V.3). Mit anderen Worten, der Apostel begehrt die Erlösung der Juden, seiner Landsleute, so sehr, dass er für sie in die Hölle ginge, würde sie dies erlösen. Das ist ein aufrichtiges und inständiges Verlangen! Dieser Eifer beschämt uns alle. Dies ist die Leidenschaft des Apostel Paulus.

Doch dies ist Paulus Einstellung oder Wunsch, nicht Gottes.15 Natürlich sagt Paulus „ich wünschte", was bedeutet „Ich weiß, ich kann für sie nicht umkommen und für ihre Sünden büßen. Nur Christus kann das. Aber wenn ich könnte, würde ich das tun." Der wahre Christ fühlt das ebenfalls; nicht in dem Maße wie Paulus, denn Paulus war ein besonders gottesfürchtiger Mann. Wenn wir durch unsere Leiden unsere ungläubige Familie, unseren Nächsten oder unserer Landsmänner in Christus errettet wüssten, würden wir das tun.16

Aber es gibt einen Unterschied zwischen dem, was wir als Geschöpfe berufen sind zu tun und dem, was Gott als Schöpfer tut, dessen Wille eins, ungeteilt, souverän, allmächtig und unwiderstehlich ist (Psalm 115,3; 135,6). Das ist mehr als ein himmelhoher Unterschied, denn er ist der allmächtige Gott und wir sind nichts als Menschen aus Staub.

Gott möchte die Verdammten nicht erlösen, aber er heiß gut und erfreut sich an Menschen, die Buße tun und glauben. Unglaube und Ungehorsam sind Sünden, die er verabscheut. Auf der anderen Seite heißt der souveräne Allmächtige Glauben und Buße gut und erfreut sich daran und an Menschen, die die zehn Gebote halten, indem sie seinen Namen heiligen, seine Wahrheit lieben, ihre Eltern ehren etc.

Doch hierin liegt ein grundlegender Unterschied. Wahrhaftig, Gott erfreut sich an glaubenden, büßenden und seine Gebote haltenden Menschen. Doch zu sagen, dass Gott sich die Erlösung der Verdammten wünscht, ist nicht dasselbe. Dies wird nicht geschehen und so wird der Allmächtige mit einem frustrierten Verlangen dargestellt, welches im Gegensatz zu seinen Eigenschaften, seinem Ratschluss und seinen Segnungen steht.

Lasst mich dies bezüglich Gottes befehlendem Willen und seinem bestimmenden Willen so umformulieren:

1. Gottes befehlender Wille (er sagt uns, was wir tun müssen – Buße tun, glauben und ihm gehorchen) zeigt uns das Verhalten an, welches er bejaht und an dem er sich als der gerechte, rechtschaffene und heilige Gott erfreut.

2. Gottes bestimmender Wille (seine ewigen, alles umfassenden Absichten, inklusive Erwählung, Verdammung und allem, was geschieht) drückt aus, was er als ewiger, unveränderlicher, allmächtiger, allwissender und einfach perfekte Jehova will, möchte und wünscht (und zu seiner Ehre immer wirkt).

Der Position des freien Angebots bringt Gottes Befehl an Ungläubige (von denen einige verdammt sind) dahingehend durcheinander, dass seine Zustimmung, sein Wohlgefallen und seine Freude an Buße und Glauben aufgefasst werden, als wünschte er sich die Erlösung der Verdammten (obwohl er darin versagt diesen Wunsch zu wirken). Dieser Irrtum (wissentlich oder unwissentlich) ficht Gottes Charakter, Ratschluss und Heil an, wie wir gesehen haben.

Darüber hinaus setzt es den Allmächtigen mit dem faulen Narr aus Sprüche 13,4 gleich: „Die Seele des Faulen gelüstet nach vielem und hat doch nichts". Gemäß der Theologie des freien Angebots "wünscht" sich Jehova sehnlichst in seiner "Seele" die Erlösung der Verdammten, dennoch kommen alle von ihnen per Definition in ihren Sünden um und der immer gesegnete Gott „hat" was diese angeht „doch nichts". Der biblische Calvinismus bejaht, dass der Gott der Herrlichkeit seinen Willen und seine Wünsche, gemäß seinem ewigen Ratschluss, verwirklicht: „Die Befriedigung eines Verlangens tut der Seele wohl" (Spr. 13,19)!

Folgendes in der Verkündigung des Evangeliums ist Gottes Wille bezüglich der Erwählten und Verdammten: Gott möchte und will (und wirkt) die Erlösung der Erwählten und – das ist der furchtbare Teil – die Verhärtung der Verdammten. Was der Allerhöchste will, passiert tatsächlich (Hiob 23,13; Psalm 115,3; 135,6). Daher verkündet Paulus, dass Prediger des Evangeliums den einen (den Verdammten) ein Geruch des Todes zum Tode und den anderen (den Erwählten) ein Geruch des Lebens zum Leben sind (2.Kor. 2,15-16). Das ist das göttliche Ergebnis und die Intention des wahren Predigens des Evangeliums.

Gottes Gebot an christliche Prediger ist: „Verkündige mein Wort – alles davon – als ein treuer Bote! Halte keinen Teil zurück und mische es nicht mit Falschheit!" (siehe 2.Kor. 2,17; 4,2). Derjenige, der predigt muss gewillt sein, dass Gottes Wille durch die Predigt erfüllt wird: die Erlösung seiner erwählten Gemeinde and die Verhärtung seiner verdammten Feinde. Der Prediger muss sich diesen Fragen stellen: Bin ich gewillt, Gottes Wort treu zu predigen ohne etwas dazuzutun oder wegzunehmen? Bin ich gewillt wohl wissend zu predigen, dass dieser zweifache Effekt des Wortes, Gottes Absicht und Wunsch ist? Selbst wenn einige von denen, die durch das Wort verhärtet werden, welches ich predige, Teil meiner Familie oder Freunde sein mögen? Wir müssen bedenken, dass diejenigen, die Vater oder Mutter oder Freunde oder die Ehefrau oder sonst irgendwen mehr lieben als Christus, seiner nicht wert sind (Matt. 10,37). Der Prediger muss in der Lage sein dies sagen zu können, obwohl er, persönlich gesprochen, sich wünschen würde alle gerettet zu sehen, die unter das Wort seiner Predigt kommen (Apg. 26,29; Röm. 9,1-3; 10,1), muss Gottes souveräner Wille ausgeführt werden.17

Jesus selbst, der große Prediger aus Gottes Gnade, verkündet: „Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, daß du dies vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen geoffenbart hast! Ja, Vater, denn so ist es wohlgefällig gewesen vor dir" (Matt. 11,25-26, zitiert in den Dordrechter Lehrsätzen I, Verwerfungen 8). Der Prediger, der nicht gewillt ist als ein Werkzeug sowohl der Verhärtung der Verdammten als auch der Erettung der Erwählten zu dienen und der nicht sein „Amen" zu diesen Worten unseres Herrn Jesus hinzufügen kann, er ist derjenige, der nicht wahrhaftig das Evangelium predigt.

 

Anhang

Augustin: „Da, so weit es uns betrifft, wir nicht dazu in der Lage sind zwischen denen zu unterscheiden, die vorherbestimmt sind und denen, die es nicht sind, sollten wir aufgrund dieser Annahme wollen, dass alle Menschen gerettet werden [...] Die Sache liegt allerdings beim Herrn, den Tadel dem nützlich sein zu lassen, den er selbst dazu vorausgesehen und vorherbestimmt hat, in das Bild seines Sohnes verwandelt zu werden" (On Rebuke and Grace, Kap. 49).

Calvin: „[...] der Gehorsam, den wir durch Gottes Vorsehung leisten, hält uns nicht davon ab über die Zerschlagung verlorener Menschen betrübt zu sein, obgleich wir wissen, dass sie durch das gerechte Gericht Gottes dem Untergang geweiht sind; denn derselbe Verstand ist befähigt von diesen zwei Gefühlen beeinflusst zu werden: dass wenn wir auf Gott schauen, wir willig den Untergang derer ertragen, die er dazu bestimmt hat; und wenn wir unsere Gedanken den Menschen zuwenden, wir wegen ihrer Sünden trauern. Diejenigen, die sagen, dass fromme Menschen über Anteilnahmslosigkeit und Gleichgültigkeit verfügen sollten, damit sie sich nicht dem Ratschluss Gottes widersetzen, sind irregeführt" (Kommentare zum Römerbrief 9:2).

Herman Hoeksema: „Was der Apostel meint ist: würde ich vor die Wahl gestellt, dass entweder meine Landsmänner gerettet werden könnten oder ich; wäre es mir erlaubt zwischen ihrer Erlösung und meiner eigenen zu wählen, könnte ich ihre Erlösung durch meine Verdammung erwirken, würde ich mir in der Tat wünschen um ihretwillen von Christus verflucht zu sein [...] lasst uns zur Kenntnis nehmen, dass die Einstellung des Apostels in der Annäherung an den gewaltigen Gegenstand Gottes absoluter Souveränität in der Erwählung und Verdammung, von dem Wort Gottes als ein Beispiel für uns gedacht ist. Wenn wir uns als Kinder Gottes dieser Thematik nähern und von Gottes souveräner Vorherbestimmung sprechen, ist es nur angemessen, dass unsere Einstellung zutiefst geistlich sein sollte. Es darf nicht und es kann unter keinen Umständen eine Haltung von Stolz und Selbsterhebung sein; denn wenn es Gott gefiel, uns in Abgrenzung von anderen zur Errettung zu bestimmen, ist dies zweifellos kein Grund uns selbst zu rühmen. Jemand, der wirklich die Wahrheit dieser Thematik erfasst hat, wird sich zutiefst vor Gott demütigen. Kein Fleisch darf sich in seiner Gegenwart rühmen. Und dies beinhaltet auch, dass jemand nicht angemessen vom Subjekt Gottes souveräner Zurückweisung der Verdammten sprechen kann, die zur Zeit unsere Mitmenschen, unsere Angehörigen nach dem Fleisch sind, ohne zu einem gewissen Ausmaß dieselbe Schwere, denselben anhaltenden Kummer für sie zu fühlen, den der Apostel hier so eindringlich in seinem Herzen zu fühlen bekannt gibt. Kein kaltherziges sich Erfreuen an der Verdamnis unserer Mitmenschen sollte unser Nachdenken über Gottes souveräne Handlungen mit den Menschenkindern charakterisieren. Die Tatsache, dass Gottes vorherbestimmende Absicht unsere Rasse teilt, Menschen vom selben Fleisch und Blut trennt, bleibt immer eine Leidensangelegenheit so lange wir in dieser Zeit leben. Dies führt mich zu einer anderen Bemerkung.Vom Standpunkt unseres Fleisches, unseres irdischen, natürlichen Lebens und unserer Beziehungen, ist es nicht so absonderlich – ausgenommen einiger theologischer Einwände – zu hören, dass der Apostel beteuert, er würde sich wünschen können für seine Landsmänner nach dem Fleisch, von Christus verdammt zu sein. Ohne uns auf eine Stufe mit dem Apostel stellen zu wollen, können wir vorbehaltlos sagen, dass wir bis zu einem gewissen Grad seine Worte wiederholen können. Man stelle sich nur Eltern vor, die den Kummer erfahren, ein Kind oder mehrere Kinder den Weg der Sünde und Verdammnis gehen zu sehen. Man stelle sich einen Pastor vor, der sich im Laufe der Jahre mit seiner Herde verbunden fühlt und sich ernsthaft ihre Erlösung wünscht, jedoch weiß, dass einige nicht die Objekte Gottes erwählender Liebe sind. Und was von unserem eigenen Fleisch und Blut im engsten Sinne des Wortes wahr ist und von der Gemeinde Christi in der Welt im Allgemeinen, kann auf die gesamte Menschheit angewandt werden. Von einem Blut hat Gott die ganze menschliche Rasse gemacht und sie sind alle, gemäß dem Fleisch, unsere Brüder. Und wir können zumindest ein wenig die Einstellung des Apostels verstehen, wenn er von der großen Niedergeschlagenheit spricht, die seine Seele belastet und sagt, er würde sich wünschen können von Christus für seine Mitmenschen nach dem Fleisch, verflucht zu sein. Und wir können, sofern es ein Wünschen gemäß unseres heutigen Fleisches und Blutes ist, in der Tat wünschen, dass alle Menschen gerettet werden" („Our Approach to the Doctrine of Predestination [Rom. 9:1-3]").

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Endnoten

1 Die Audiodatei der Rede, von der dieser Artikel stammt, ist online zugänglich: „Does God Desire to Save the Reprobate?"
2 John Murray: "The Free Offer of the Gospel". In: Collected Writings of John Murray. Great Britain: Banner, 1982 (4). S. 113-114.
3 Siehe Johannes Calvin: „Nun wenden wir uns den Verworfenen zu, die der Apostel (Röm. 9-11) zugleich in seine Betrachtung einbezieht. Wie nämlich Jakob, als er sich noch durch keinerlei gute Werke Verdienste erworben hat, zu Gnaden angenommen wird, so wird andererseits Esau, als er noch durch keinerlei Missetat befleckt ist, gehaßt (Röm. 9,13)" (Unterricht in der christlichen Religion, Drittes Buch 22,11).
4 Der ewige Gott ist natürlich zeitlos, steht sowohl über Zeit als auch Raum.
5 Augustine, The Enchiridion on Faith, Hope and Love, ed. Henry Paolucci, trans. J. F. Shaw. Chicago: Henry Regnery Co., 1961, xcv, S. 109; ciii, S. 121-122.
6 Prediger des freien Angebots versuchen hier auszuweichen, indem sie von einem „Mysterium", „Paradoxon", zwei Ebenen in Gott, einer stufenweisen Anordnung in Gott selbst etc. sprechen.
7 Professor Georges Serr, von Roger Nicole zitiert. In: Westminster Theological Journal, Herbst 1992 Vol. 54 (2). S. 396.
8 Wesley wetterte dagegen, dass die „Blasphemie" der Erwählung „den allerheiligsten Gott schlimmer als den Teufel darstellte und zwar falscher, grausamer und ungerechter" (zitiert in: Stephen Tomkins: John Wesley, A Biography. Grand Rapids: Eerdmans, 2003. S. 78).
9 The Works of John Wesley. Grand Rapids: Baker, 1996 (10). S. 297.
10 Siehe: Iain Murray, Wesley and Men Who Followed. Great Britain: Banner, 2003.
11 The Works of John Owen. Great Britain: Banner, repr. 1967 (10). S. 7.
12 Ebd. S. 7.
13 Siehe Roger Nicole, Standing Forth: Collected Writings of Roger Nicole. Great Britain: Christian Focus Publications, 2002. S. 295, 340.
14 Z.B. Phil Johnson nennt A. W. Pink sogar einen "Hyper-Calvinisten" ("A Primer on Hyper-Calvinism")!
15 Hesekiel 33,11, Matthäus 23,37, 1.Timotheus 2,4, 2.Petrus 3,9 etc., sind falsch interpretiert und zur Verteidigung des Willens Gottes die Verdammten retten zu wollen, zurechtgelegt worden. Deren richtige Interpretation liegt außerhalb des Rahmens dieses Artikels. Einige oder alle sind in folgenden Werken erklärt worden: Augustine, The Enchiridion on Faith, Hope and Love, ed. Henry Paolucci, trans. J. F. Shaw (Chicago: Henry Regnery Co., 1961); John Calvin, Calvin’s Calvinism (Grandville, MI: RFPA, 1987); John Knox, Against an Anabaptist: In Defense of Predestination (Edmonton, AB: SWRB, no date); John Owen, The Death of Death: in the Death of Jesus Christ (Great Britain: Banner, 1983); Francis Turretin, Institutes of Elenctic Theology, trans. George Musgrave Giger, ed. James T. Dennison, Jr., 3 vols. (Phillipsburg, NJ: P & R, 1992-1997); John Gill, The Cause of God and Truth (Grand Rapids: Sovereign Grace Publisher, 1971); Abraham Kuyper, Particular Grace (Grandville, MI: RFPA, 2001); Arthur W. Pink, The Sovereignty of God (Grand Rapids: Baker, 2005); David Engelsma, Hyper-Calvinism and the Call of the Gospel (Grandville, MI: RFPA, 1980); Garrett P. Johnson, "The Myth of Common Grace," Trinity Review (March, 1987). Für eine ausgezeichnete Abhandlung vieler Themen dieses Artikels, siehe auch das berühmte Werk des italienischen Reformers: Jerome Zanchius (1516-1590), Absolute Predestination (USA: The National Foundation for Christian Education, ohne Datum).
16 Der Anhang dieses Artikels beinhaltet Zitate von drei unerschütterlichen Verteidigern der bestimmten Gnade, die denselben Standpunkt vertreten.
17 Zwei Audiopredigten über Jesaja 6,9-10 entwickeln diese Punkte und die des vorangegangen Abschnittes ausführlicher: „Isaiah's Call to Preach (I)" und „Isaiah's Call to Preach (II)".