Herman Hoeksema
Niemand kann zu mir kommen, es sei denn, daß ihn der Vater zieht, der mich gesandt hat. Johannes 6,44
Es ist absolut gewiss, wer da will mag kommen und genauso sicher ist, dass wer auch immer kommt, gewiss aufgenommen werden wird. Keiner, der jemals zu Christus gekommen ist, um gerettet zu werden, wurde jemals abgewiesen. Niemandem, der sich durstig und schwach dem Fluss näherte, der das Wasser des Lebens enthält, wurde jemals verweigert daraus zu trinken. Wer auch immer kommt, um vom Brot des Lebens zu essen, wird nicht hungrig weggeschickt werden. Jemand, der zu Christus kommen will, muss nicht zögern. Er muss nicht fürchten, enttäuscht oder beschämt zu werden. Wenn jemand fragt, so wird er bekommen. Derjenige, der sucht, wird finden. Demjenigen, der klopft, wird sicher geöffnet werden. Darauf kannst du dich verlassen. Dies ist das Evangelium. Und das Evangelium ist eine Verheißung Gottes, die niemals fehlschlägt. Diese Verheißung des Evangeliums ist zweifellos jedem sicher, der zu Christus kommt, denn ehe jemand überhaupt zu ihm kommen kann und sogar noch bevor jemand zu ihm kommen will, hat die Gnade Gottes bereits in seinem innersten Herzen gewirkt und diesen Willen, zu ihm zu kommen, in ihm verändert. Gnade kommt immer zuerst. Das Kommen des Sünders ist die Frucht des Ziehens Gottes.
Dies ist die Erfahrung eines jeden Sünders, der aus Gnade gerettet ist. Derjenige, der zu Jesus kommt, erfährt während dieses Kommens gerade jenes Ziehen der wunderbaren und wirksamen Gnade Gottes und dies auf eine Weise, dass letzteres zuerst kommt und die Ursache des ersten ist. Ein Erretteter wird dem sicherlich zustimmen. Ein erneuertes Kind Gottes wird seine eigene Erlösung niemals als in ihm selbst ursächlich darstellen. Niemals wird es sagen, dass irgendetwas von seiner Seite aus dem Wirken von Gottes Gnade vorausging: dass es zuerst kommen wollte und Gottes Gnade es daraufhin befähigte zu kommen, dass es zuerst Jesus akzeptierte und Christus es daraufhin annahm, dass es zuerst sein Herz öffnete und Christus daraufhin eintrat. Ein unmissverständlicher Beweis dessen kann im Gebet eines Erretteten gefunden werden. In so einem Gebet wird jeglicher Arminianismus und jegliches Prahlen des freien Willens in der Erlösung zum Schweigen gebracht. Der Grund dafür ist, dass im Gebet zu Gott gesprochen wird. Vor Menschen mag jemand sprechen, als läge es in der Macht des Sünders zu kommen oder nicht zu kommen; doch sobald er im Gebet vor das Angesicht Gottes tritt, wird all dies anders. Dann wird alles der göttlichen Gnade zugeschrieben. Vor dem Angesicht Gottes gibt es keinen Arminianer. Wer hat jemals ein arminianisches Gebet wie dieses, jemanden sprechen hören: „Ich danke dir, Gott, dass du gewartet hast, bis es mir gefiel, zu dir zu kommen und dass du geklopft hast, bis ich mich dazu entschlossen habe, dir mein Herz zu öffnen und dass du mir Gnade gabst, als ich mich entschied, diese Gnade zu empfangen"? Warum sollte jedoch ein Mensch vor dem Angesicht Gottes nicht ausdrücken, was er laut und frei vor Menschen ausspricht? Die einfache Antwort ist, dass wir vor Gott nicht lügen können! Ein erretteter Sünder wird daher im Gebet alles Gott zuschreiben und nichts sich selbst. Er wird aufhören, über den freien Willen des Menschen zu sprechen und sagen: „Ich danke dir, dass deine unwiderstehliche Gnade all meinen Widerstand überwunden hat, dass du mein Herz öffnetest und eintratst, dass du mich gezogen hast auf das ich kommen mag!" Und das ist der Kern der Sicherheit und Kühnheit des Sünders, wenn er zu Jesus kommt. Allein die Tatsache, dass der Sünder in seinem Kommen zu Jesus das Ziehen des Vaters erfährt, ist die Garantie dafür, dass er ganz gewiss angenommen werden wird.
Dies ist die unmissverständliche Lehre der heiligen Schrift.
Durch den Propheten Jeremia spricht Jehova zu seinem Volk Israel: „Mit ewiger Liebe habe ich dich geliebt; darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Gnade" (Jer. 31,3). Die Tatsache, dass das Ziehen Jehovas hier als ein Akt der Güte oder Gnade Gottes dargestellt wird, darf hier nicht übersehen werden; und dass, zweitens, diese Tat in der ewig währenden Liebe Gottes zu seinem Volk wurzelt und ein Ausdruck dieser ist. Und was ist das Resultat des Ziehens der Liebe Gottes? Folgendes: „die Wächter auf dem Bergland von Ephraim [werden] rufen […]: Macht euch auf, laßt uns nach Zion gehen, zu dem Herrn, unserem Gott" (Jer. 31,6). Das Verlangen, zum Gott unserer Erlösung zu kommen, ist eine Frucht des Ziehens Gottes. Zur murrenden Menge in Kapernaum, die ihn verlassen wollte, spricht der Herr Jesus diese wohlbekannten Worte: „Niemand kann zu mir kommen, es sei denn, daß ihn der Vater zieht, der mich gesandt hat; und ich werde ihn auferwecken am letzten Tag. Es steht geschrieben in den Propheten: »Und sie werden alle von Gott gelehrt sein«. Jeder nun, der vom Vater gehört und gelernt hat, kommt zu mir" (Joh. 6,44-45). Lasst uns einen Moment inne halten, um über diese wichtige Passage nachzudenken. Sie lehrt uns zu allererst, dass das Ziehen der Gnade Gottes im Kommen des Sünders unentbehrlich ist. Ohne das Ziehen des Vaters, ist es für einen Menschen unmöglich zu kommen: Niemand kann kommen, es sei denn, dass ihn der Vater zieht. Das bedeutet natürlich nicht, dass ein Sünder zwar das Verlangen und das aufrichtige Sehnen hat, zu Jesus zu kommen, jedoch von einer ihn zwingenden Macht davon abgehalten wird; es bedeutet viel mehr, dass er weder den Willen noch die Fähigkeit besitzt zu kommen. Das Kommen und der Wille dazu, sind vollkommen vom gnädigen Ziehen des Vaters abhängig. Zweitens erklärt diese Passage, dass das Ziehen des Vaters bedeutet von Gott gelehrt zu werden. Das Resultat dessen ist, dass einer vom Vater hört und lernt. Natürlich ist ohne Weiteres zu verstehen, dass sich dies nicht bloß auf ein äußeres Predigen des Wortes von Menschen bezieht. Das äußerliche Predigen des Evangeliums verursacht auf keinen Fall bei der gesamten Zuhörerschaft, vom Vater zu hören und zu lernen, geschweige denn, zu Christus zu kommen. Der Herr spricht hier von Gott gelehrt zu werden. Das heißt, hier ist von geistlicher Erleuchtung die Rede, die in geistlicher Erkenntnis der Sünde, von Gott, von Christus und den Dingen bezüglich der Erlösung resultiert und welche die geistliche Handlung des Kommens zu Christus zur Folge hat. Abschließend muss auch noch angemerkt werden, dass die Frucht dieses Ziehens und dieser göttlichen Unterweisung gewiss und unfehlbar ist, denn „Jeder nun, der vom Vater gehört und gelernt hat, kommt zu mir" (Joh. 6,45).
Wer da will mag kommen! Denn jeder, der kommen will, wurde gelehrt zu wollen und durch das wirksame und mächtige Ziehen der Gnade Gottes auch zu kommen. Er wird ganz gewiss angenommen werden.
Dieselbe Wahrheit wird in anderer Form in Vers 65 desselben Kapitels im Johannes Evangelium wiederholt: „Darum habe ich euch gesagt: Niemand kann zu mir kommen, es sei ihm denn von meinem Vater gegeben." Dieselbe Unmöglichkeit, dieselbe vollkommene Unfähigkeit des natürlichen Menschen zu Jesus zu kommen, wird hier wie auch im 44sten Vers ausgedrückt. Wie soll er zu Christus kommen? Kann das bloße Predigen des Evangeliums ihn überzeugen? Das Predigen des Kreuzes betrifft geistliche Dinge, der Mensch jedoch ist natürlich und „Der natürliche Mensch […] nimmt nicht an, was vom Geist Gottes ist; denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt werden muß" (1Kor. 2,14). Daher muss es ihm vom Vater gegeben werden. Der Wille und die Fähigkeit zu Jesus zu kommen sind Gnadengaben. Deshalb kann der Herr selbst im Angesicht der Tatsache, dass das Brot suchende Volk Kapernaums ihn zurückweist und bald von ihm abfallen wird, triumphierend sagen: „Alles, was mir der Vater gibt, wird zu mir kommen; und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen" (Joh. 6,37).
Doch was ist dieses Ziehen des Vaters, durch welches der Sünder zu Jesus kommt?
Ich werde diese Frage zuerst auf eine allgemeine Art beantworten. Gottes Gnade vollzieht diese geistliche Handlung durch Jesus Christus und mit dem Geist Jesu und zwar mittels des Evangeliums in unserem innersten Herzen, von wo aus die Dinge des Lebens kommen, die sich auf den gesamten Menschen mit seinem Verstand, seinem Willen und all seinen Emotionen und Sehnsüchten auswirken. Wir werden vom Vater gezogen, doch dass dieses Ziehen nicht ohne Jesus Christus als dem Mittler unserer Erlösung geschieht, wird durch das klar, was der Herr kurz vor seinem Tod am Kreuz kundtat: „und ich, wenn ich von der Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen" (Joh. 12,32). Durch das Kreuz wurde der Herr in die Herrlichkeit der Auferstehung und in seine hohe Position zur Rechten Gottes erhoben. Als Haupt seiner Gemeinde erhielt er die Verheißung des Geistes, damit er durch diesen Geist alle, die sein sind, in Herrlichkeit zu ihm zieht. Der Vater zieht und Christus zieht ebenfalls, jedoch nicht, als wären dies zwei unterschiedliche Handlungen, sondern der Vater zieht uns durch Jesus Christus, als dem Mittler unserer Erlösung.
In diesem Ziehen, wie auch im Akt des Kommens zu Christus, können wir zwischen vier Schritten oder Elementen unterscheiden. Der erste Schritt, den einer im Kommen zum Erlöser vollzieht, besteht in Reue, in wahrer Betrübnis Gott gemäß; und in Übereinstimmung mit dieser wahren Trauer über Sünde, auf Seiten des Sünders, liegt die göttliche Handlung der Überführung von Sünde. Letzteres ist die Ursache des Ersten. Nur der Mensch, der durch den Geist Christi von Sünden überführt ist, kann wahre Reue und Buße empfinden. Der Vater zieht, der Sünder kommt. Dies bedeutet zuerst, dass der Vater überführt und der Sünder Buße tut. Dies darf nicht mit dem anderen Vorgehen Gottes im Gewissen eines jeden Sünders durcheinander gebracht werden, durch das er in dessen Gewissen den Urteilsspruch seiner Schuld und Verurteilung einschreibt und bewirkt, dass er die Verantwortung dafür übernimmt. Jeder Mensch fühlt, dass er vor Gott für seine Sünden verantwortlich ist. Nicht einmal für einen Moment kann er dieses Gefühl der Verantwortung loswerden. Jeder Sünder ist davon überzeugt, dass er im Gericht vor Gott als verurteilt dasteht. Auch dies ist das Werk Gottes durch seinen Geist. Sogar den Heiden ist das Gesetz in die Herzen geschrieben, so dass ihr Gewissen sie davon überzeugt (Röm. 2,15); und der Geist überführt die Welt von Sünde, weil sie nicht an Christus glauben (Joh. 16,9). Doch dies ist ein Bewusstsein von Sünde, das durch nichts als durch Angst und Terror gekennzeichnet ist und das den Sünder verursacht vor dem Angesicht dessen, der auf dem Thron sitzt, zu fliehen und die Berge und Felsen anruft, ihn zu bedecken. Die Überführung von Sünde zur Erlösung ist jedoch prinzipiell anders. Es ist eine Überführung der Liebe. Selbstverständlich ist auch die Frucht dieser rettenden Überführung, dass der Sünder sich vor der Majestät eines gerechten Gottes fürchtet und zittert, jedoch geschieht dies auf eine Weise, dass er nicht versucht zu fliehen oder sich zu verstecken, sondern, dass er sich ihm in wahrem Kummer darüber, dass er diesen heiligen Gott erzürnt hat, nähert. Und indem er Gottes Seite in seiner eigenen Verurteilung annimmt, betet er mit Liebe zu Gott, wenn dies auch mit Furcht und Zittern geschieht: „Erforsche mich, o Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich es meine; und sieh, ob ich auf bösem Weg bin, und leite mich auf dem ewigen Weg" (Ps. 139, 23-24). Diese rettende Überführung von Sünde ist nicht das Werk eines Predigers; es ist nicht das Werk des Sünders; es ist alleine das Werk der souveränen Gnade Gottes. Ohne diese Gnade wird der Sünder niemals den ersten Schritt auf dem Weg zu Jesus machen. Niemand kann zu Jesus kommen, es sei denn, dass ihn der Vater zieht!
Den zweiten Schritt, den der Sünder macht, um zu Jesus zu kommen, besteht in der Anerkennung mittels derer der Sünder Jesus als den Gott seiner Erlösung betrachtet, als der Fülle seiner eigenen Leere, als der Gerechtigkeit, die dazu in der Lage ist, seine eigene Ungerechtigkeit auszulöschen und als dem Leben, das seinen Tod überwindet. In Übereinstimmung mit diesem Akt der geistlichen Anerkennung auf Seiten des Sünders, liegt Gottes Wirken in der geistlichen Erleuchtung mittels derer er dem Sünder seinen Sohn offenbart. Wenn er einen Menschen der Sünde überführt, überlässt er ihn nicht der Verzweiflung seiner Verdammnis: Er zeigt ihm Jesus in all der Fülle seiner Erlösung. Diese geistliche Erleuchtung ist nicht mit der natürlichen Erleuchtung gleichzusetzen, durch die ein Sünder alles über Christus weiß. Durch die er sogar zu einem gewissen Grad, mittels seiner natürlichen Fähigkeiten, die Schönheit Christi als dem besten aller Menschen erkennt, als einen, der zutiefst Gottbewusst, ein großer Lehrer und ein gutes Beispiel gewesen ist. Aber er betrachtet ihn nicht als die Gerechtigkeit Gottes und das Kreuz ist ihm eine Torheit. Den Christus der Schrift kreuzigt er damit erneut. Der Modernismus in all seinen Erscheinungsformen veranschaulicht dies gut. Der natürliche Mensch versteht nichts von den Dingen des Geistes. „[E]s ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt werden muß" (1Kor. 2,14); auch das bloße Predigen des Evangeliums verschafft ihm nicht diese geistliche Erkenntnis Christi. Der Herr Jesus selbst dankt dem Vater, als er sein eigenes Predigen bedenkt, dass er diese Dinge vor den Weisen und Klugen verborgen und sie den Unmündigen offenbart hat (Mt. 11,25); und er betont, dass niemand den Vater kennt als nur der Sohn und der, welchem der Sohn es offenbaren wird (Mt. 11,27b). Doch wenn der Vater uns zieht, offenbart er uns Jesus in all der Macht seiner Erlösung. Er erleuchtet unser Verständnis dermaßen, dass wir ihn als den einen betrachten, der allen Dingen voran am erstrebenswertesten ist; als den einen, den wir als unseren Erlöser und Befreier von Sünde und Tod brauchen. Er öffnet unsere Augen, so dass wir ihn in all der Fülle seiner Gnade betrachten, in all der Fülle seiner Gerechtigkeit und seines Lebens. Er öffnet unsere Ohren, so dass wir das Wort vom Kreuz als eine Macht Gottes zur Erlösung hören. Die anziehende Macht Gottes veranlasst uns, ihn als den wunderbaren Erretter zu suchen, den Gott unserer Erlösung!
Der Vater beeinflusst durch den Geist Christi jedoch nicht nur unser Verständnis, so dass wir den Erlöser geistlich erkennen. Er wirkt auf wunderbare Weise durch denselben Geist eine Veränderung unseres Willens und all unserer Sehnsüchte, so dass wir uns nach ihm sehnen und danach verlangen, ihn zu besitzen. Dieses Sehnen oder Bestreben, wie in Kapitel 9 erwähnt, ist der dritte Schritt im Kommen des Sünders zu Christus. Und in Übereinstimmung mit diesem Verlangen nach Christus, liegt das dritte Element im Ziehen des Vaters, das wir als Reiz oder Anziehungskraft bezeichnen können. Der natürliche Mensch fühlt sich von Christus und seiner Gerechtigkeit nicht angezogen. Er ist fleischlich und kümmert sich nur um fleischliche Dinge. Der fleischliche Verstand ist Feindschaft gegen Gott. Sein Wille ist pervertiert und alle seine Sehnsüchte unrein. Ihn dürstet und hungert nicht nach Gerechtigkeit, auch kann das bloße Predigen des Evangeliums dieses Verlangen nach Gerechtigkeit und Vergebung der Sünden nicht in ihm hervorrufen. Doch wenn der Vater zieht und durch die Macht seiner Gnade auf wunderbare Weise auf den Willen des Sünders einwirkt, verändert er diesen Willen, stellt ihn vollkommen auf den Kopf und flößt dem Herzen ein neues Verlangen ein, so dass sich der Sünder nach Gerechtigkeit, der Vergebung seiner Sünden, der Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott und seiner Liebe und Gnade sehnt. Und während er Christus als den einzigen Weg zum Vater betrachtet, sehnt er sich mit einem starken Verlangen danach, ihn zu besitzen und sagen zu können: „Mein Jesus, ich liebe dich; Ich weiß, dass du mein bist!"
Und so, ebenfalls aufgrund der anziehenden Kraft Gottes durch den Geist Christi, unternimmt der Sünder schließlich den letzten Schritt, um zu Jesus zu kommen: den der Aneignung. In Übereinstimmung mit dieser Handlung von Seiten des Sünders, liegt das Wirken der Gnade Gottes, welches die Schrift als Versiegelung bezeichnet. Denn wir sind „versiegelt worden mit dem Heiligen Geist der Verheißung" (Eph. 1,13). Durch den Geist Christi, dem Geist der Verheißung, geschieht es, dass die Verheißung Gottes, die Verheißung der Erlösung, der Ruhe, der Genugtuung, der Vergebung, der Gerechtigkeit und des Lebens, uns persönlich gegeben wird, so dass wir gewiss sein können, dass diese Verheißung Gottes uns gilt. Durch diesen Geist wird die Liebe Gottes (nicht unsere Liebe zu ihm, sondern seine Liebe uns gegenüber, offenbart im Tod seines Sohnes) in unsere Herzen ausgegossen. Dadurch sind wir überzeugt, dass Christus für uns gestorben ist und dass uns persönlich und nicht nur anderen, die Sünden erlassen sind und wir das ewige Leben haben. Und so können wir sicher sein, dass Christus unser ist und dass wir ihn uns und alle seine Verdienste aneignen dürfen und wir mit der ersten Frage des Heidelberger Katechismus kühn bezeugen können, dass unser einziger Trost im Leben und im Sterben darin liegt, dass wir nicht unser eigen sind, sondern zu unserem treuen Erlöser Jesus Christus gehören!
Daher verstehen wir, warum es vollkommen sicher ist, dass wer da will auch kommen mag. Im Willen zu kommen und im Kommen, erfährt der Sünder die ziehende Kraft der Gnade Gottes. Gott überführt ihn der Sünde und er tut Buße; Gott erleuchtet ihn durch seinen Geist und er betrachtet Christus in aller Herrlichkeit der Erlösung; Gott zieht ihn an und er sehnt sich nach dem Gott seiner Erlösung; Gott versiegelt ihn und er eignet sich Christus und alle seine Verdienste an. Wie könnte er dann jemals verstoßen werden? Diejenigen, die so zu Christus kommen, werden niemals beschämt werden!
Herman Hoeksema (2002): „Whosoever Will Let Him Take the Water of Life Freely". Grandville: Reformed Free Publishing Association (1. Auflage 1945): 79-86.
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