Herman Hoeksema
Ich bin die Auferstehung und das Leben (Johannes 11,25).
Erlösung ist die Auferstehung von den Toten. Diese Aussage darf nicht nur als eine Bezugnahme zur letzten, körperlichen Auferstehung in Herrlichkeit verstanden werden, zu der Gläubige als höchste Erfüllung ihrer Hoffnung freudig entgegensehen, sondern in Bezug zum ganzen Erlösungswerk. Auch Errettung, die das Erbe der Gläubigen durch den Glauben an Christus in dieser Welt ist, ist in Wirklichkeit die Auferstehung von den Toten. Derjenige, der durch Glauben gerettet ist, ist von den Toten auferstanden und diese Auferstehung wird am Tag Christi vervollkommnet werden, wenn eben jener Sterbliche Unsterblichkeit anziehen und der letzte Feind vernichtet werden wird.
Die Wahrheit dessen kann ganz einfach mit der Schrift belegt werden. Jesus Christus ist die Offenbarung des Gottes unserer Erlösung, der die Toten belebt. In der Schöpfung offenbart er sich als der Eine, der die Dinge herbeiruft, die nicht sind als ob sie existierten. In Christus ist er als der Eine bekannt, der die Toten auferstehen lässt (Röm. 4,17). Deswegen, „wenn du mit deinem Mund Jesus als den Herrn bekennst und in deinem Herzen glaubst, daß Gott ihn aus den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet" (Röm. 10,9). Darin, dass Gott Christus von den Toten auferweckt und ihn zu seiner Rechten im Himmel gesetzt hat, offenbarte er „die überwältigende Größe seiner Kraftwirkung an uns ist, die wir glauben" (Eph. 1,19-20). Schon jetzt ist wahr, dass Gott, „der reich ist an Erbarmen, […] um seiner großen Liebe willen, mit der er uns geliebt hat, auch uns, die wir tot waren durch die Übertretungen, mit dem Christus lebendig gemacht […] hat [und] uns mitauferweckt" hat in ihm (Eph. 2,4-6). „Darum heißt es: Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, so wird Christus dich erleuchten" (Eph. 5,14). Und der Herr selbst verkündet: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Die Stunde kommt und ist schon da, wo die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden, und die sie hören, werden leben" (Joh. 5,25).
Folglich steht Christus als die Auferstehung in den Evangeliumsberichten vor uns. Mit all den mächtigen Zeichen und Wundern, die er vollbrachte und mit denen er die Kranken heilte, die Augen der Blinden öffnete, die Tauben hörend machte und welche die Lahmen vor Freude in die Höhe springen ließ, offenbarte er sich selbst als die Auferstehung. Dies ist natürlich besonders von diesen Zeichen wahr, durch die er die Toten ins irdische Leben zurückrief und von denen das Mächtigste die Auferweckung Lazarus’ gewesen ist. Dennoch waren dies bloß Zeichen, die alle erfüllt wurden, als er das Band des Todes und der Hölle brach und in Herrlichkeit erschien, als Sieger über die Macht des Grabes und der Verwesung. Dann war sein Wort, das er an Martha, die Schwester Lazarus’, gerichtet hatte, vollkommen und mächtig erfüllt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt; und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben" (Joh. 11,25-26).
Diese Wahrheit, dass Erlösung die Auferstehung von den Toten ist und auch, dass dies durch Christus geschieht, der die Auferstehung ist, ist von großer Wichtigkeit für ein richtiges Verständnis des Hauptthemas, welches hier diskutiert wird: Wer da will mag kommen. Dies sollte dabei helfen die richtige Antwort auf die Frage zu finden, ob der Sünder in sich selbst den Willen hat, zu Jesus zu kommen. Denn in dieser Wahrheit liegen drei logische Schlussfolgerungen begründet, die kurz diskutiert werden müssen. Zuallererst einmal, wenn Erlösung nichts Geringeres als die Auferstehung von den Toten ist, dann sollte es offensichtlich sein, dass sich der Sünder vor der Erlösung, im wahrsten Sinne des Wortes, in der Macht des Todes befindet. Zweitens sollten wir bedenken, was es bedeutet, dass Christus die Auferstehung ist. Und schließlich ist klar, dass der tote Sünder in Kontakt mit dem lebendigen Christus, der Auferstehung, gebracht werden muss, um gerettet zu werden.
Getrennt von Christus ist der Sünder tot, wie schon zuvor gesagt wurde. Dies ist nicht nur die klare Voraussetzung der Wahrheit, dass Erlösung die Auferstehung von den Toten ist, sondern wird auch überall klar und deutlich in der Schrift gelehrt. Die Strafe Gottes für den Sünder ist: „An dem Tag, da du davon ißt, mußt du gewißlich sterben" (1Mo. 2,17). Diese Strafe wurde wortwörtlich und auf der Stelle vollzogen, so dass der natürliche Mensch durch Übertretungen und Sünde tot ist (Eph. 2,1).
Doch was bedeutet es, dass der Sünder tot ist? Was genau ist dieser Tod, in dessen Macht der Sünder gehalten wird und von der er sich nicht selbst befreien kann? Der Tod ist nicht vollkommene Vernichtung oder ein Zustand der unbewussten Existenz, sondern ein Zustand der Verderbtheit, des Leidens und Unheils unter der ahndenden Gerechtigkeit und dem schrecklichen Zorn Gottes. Dies betrifft unser ganzes Dasein. Im geistlichen Sinne bedeutet der Tod die Verdorbenheit der Seele und des Geistes der Menschen, so dass er sich Gott mit der ganzen Kraft seiner Seele entgegenstellt. Im Tod ist das Verständnis eines Menschen verdunkelt, so dass er nur die Lüge kennt und liebt und jeder wahrhaftigen Weisheit entbehrt. Sein Wille ist pervertiert, so dass er sich nicht für die wahre Gerechtigkeit und Heiligkeit in der Liebe Gottes entscheidet und sich dafür auch nicht entscheiden kann, noch das Verlangen danach hat. Alle seine Sinne sind unrein und beschmutzt, so dass er Ungerechtigkeit begehrt. Im Tod ist das Herz eines Menschen, aus welchem die Dinge des Lebens stammen, statt mit der Liebe Gottes, mit Feindschaft gegen ihn erfüllt. Und das ist in der Tat der Zustand des natürlichen Menschen, des Sünders getrennt von Christus. Er ist fleischlich. Seine Natur richtet sich gemäß dem Fleisch. Und „diejenigen, die gemäß [der Wesensart] des Fleisches sind, trachten nach dem, was dem Fleisch entspricht; […] Denn das Trachten des Fleisches ist Tod, […] weil nämlich das Trachten des Fleisches Feindschaft gegen Gott ist; denn es unterwirft sich dem Gesetz Gottes nicht, und kann es auch nicht" (Röm. 8,5-7). Im physischen Sinne bedeutet der Tod die Fäulnis und den Zerfall des körperlichen Organismus. Auch diesem Tod wurde der Mensch sofort nach dem Fall ausgeliefert. Die Macht des Todes operiert in all seinen Gliedern und offenbart sich durch viele Krankheiten und Defekte seines Körpers und zieht den Menschen schließlich an den Ort des vollständigen Verfalls. Und so wird er wirklich in den ewigen Tod gestürzt, den Zustand der vollkommenen Verwüstung der Seele und des Körpers in der Hölle, denn Gottes erbitterter Zorn, vor dem es kein Entrinnen gibt, verfolgt ihn.
Es ist wichtig im Kopf zu behalten, dass dieser Zustand des Todes, in den sich der Mensch durch mutwilligen Ungehorsam selbst gestürzt hat, ein rechtsgültiger Status ist, was ausgleichender Vergeltung, Strafe und der Ausführung eines göttlichen Todesurteils gleichkommt. Es ist für einen Menschen nicht "natürlich", tot zu sein und zu sterben, auch ist dies nicht nur ein bloßes Resultat seiner Sünde. Es ist wahr, der Lohn der Sünde ist der Tod, doch nur, weil göttliche Gerechtigkeit die Sünde diesen Lohn zahlen lässt. Gott ist derjenige, der tötet. Sünde ist die Übertretung von Gottes Gesetz. Es ist Rebellion. Es ist moralisches Übel. Es ist Rebellion gegen den lebendigen Gott. Und Gott ist gut. Er ist gerecht. Er lässt nicht zu, dass auch nur eine Kreatur, seine Güte durch Straffreiheit in Abrede stellt. Er erhält sich selbst in aller Herrlichkeit seiner Güte, in seiner göttlichen Vollkommenheit, seiner Rechtschaffenheit und Gerechtigkeit, seiner Wahrheit und Heiligkeit gegenüber dem Sünder, der von ihm abweicht und seine rebellische Faust gegen ihn erhebt. Er offenbart dem Sünder seine unveränderliche Vollkommenheit, indem er ihn unsagbar elend macht, indem er ihn erfahren lässt, dass abgesondert von Gott kein Leben und keine Freude existieren. Er verfolgt diesen Sünder überall und kontinuierlich in seinem Zorn, bis der Sünder in immerwährender Verwüstung versinkt. Gott ist der Terror des Sünders. Gott, vor dem der Sünder niemals entkommen kann, vor dem er sich in der gesamten Schöpfung nicht verbergen kann, den er in seiner Torheit zwar leugnen, aber dem er dennoch in jedem Schritt begegnet und mit dem er bis in alle Ewigkeit zu tun haben wird — dieser Gott ist gegen ihn und bewirkt, dass er seinen erbitterten und heiligen Zorn erfährt! Das ist Tod!
Nun ist Christus jedoch die Auferstehung! Das bedeutet, dass er die Macht ist, die unseren Tod überwindet und vollkommen zerstört. Da die Ursache unseres Todes der heilige und gerechte Zorn Gottes ist, folgt daraus, dass Christus die Macht ist, durch welche wir aus eben jenem Zustand des göttlichen Grolls und brennenden Zorns, unter dem wir dahinsiechen und sterben, in einen Zustand der Gunst und Gnade mit dem lebendigen Gott überführt werden. Und der Grund von Gottes Zorn, der gegen uns gerichtet ist und uns bis in den Tod hinein verfolgt, ist unsere Sünde und Schuld. Die Wahrheit, dass Christus die Auferstehung ist, bedeutet, dass er die Tilgung unserer Sünden ist, die Auslöschung der Handschrift unserer Sünde und dass er unsere vollkommene und ewig währende Gerechtigkeit in Bezug auf Gott ist. Christus ist unsere Auferstehung, weil er die Ursache des ewigen Todes und Elends, nämlich Sünde, wegnimmt und uns zu einwandfreien Objekten Gottes gesegneten Wohlwollens in vollkommene Gerechtigkeit kleidet. So wie der Tod in Gottes Zorn vorhanden ist, so liegt Leben in seinem Wohlwollen!
Doch es bedeutet noch mehr als das. Dass Christus die Auferstehung ist, bedeutet auch, dass er die belebende Kraft ist und dass in ihm Leben aus dem Tod heraus existiert. Leben bedeutet und beinhaltet alle Vorgänge und Tätigkeiten unseres gesamten Seins, von Körper und Seele, Herz und Verstand und unserem Willen und unseren Wünschen, in Übereinstimmung mit Gott. So wie der Tod Feindschaft mit Gott ist, so bedeutet Leben, Gott von ganzem Herzen und mit ganzem Verstand und von ganzer Seele und Kraft zu lieben. So wie der Tod Dunkelheit ist, so ist das Leben Licht. So wie der Tod Torheit, Unwissen und die Lüge ist, so ist das Leben wahre Weisheit, Erkenntnis Gottes und der Wahrheit. So wie der Tod die Pervertierung des Willens ist, so ist das Leben die Übereinstimmung des menschlichen Willens mit Gottes Willen. So wie der Tod Fäulnis, Unreinheit und die Beschmutzung all unserer Sehnsüchte ist, so ist das Leben die Reinheit unseres Herzens und Sehnsucht nach dem lebendigen Gott. So wie der Tod der Zustand des Verlassenseins von Gott in seinem Zorn ist, so ist Leben die höchst innige Gemeinschaft mit Gott in seinem gesegneten Wohlwollen. So wie der Tod unsagbares Elend und Trostlosigkeit bedeutet, so ist Leben die pure Freude und Glückseligkeit. „Das ist aber das ewige Leben, daß sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen" (Joh. 17,3). Christus ist das Leben aus dem Tod! Er ist das Licht aus der Dunkelheit, Gerechtigkeit aus der Ungerechtigkeit, Wahrheit aus der Lüge, Erkenntnis Gottes aus der Unwissenheit, Weisheit aus der Torheit, Herrlichkeit aus der Schande, Hoffnung aus der Verzweiflung, Freude aus dem Elend, Himmel aus der Hölle! Er ist die Auferstehung und das Leben!
Eine weitere Feststellung muss in Verbindung mit Christus als der Auferstehung gemacht werden. Auferstehung bedeutet nicht die Rückkehr zu einem früheren Zustand, sondern ein Durchlaufen des Todes in ein üppigeres Leben als jemals zuvor bekannt gewesen ist. Zunächst einmal bedeutet dies das Eintreten in ein vollkommen siegreiches Leben, das für immer vom Tod befreit ist. Im ersten Adam war Leben, das verloren werden konnte. Er war sterblich. Im letzten Adam ist Leben, das über den Tod siegt, das niemals verloren werden kann. Der Tod hat keine Herrschaft mehr über ihn. Der Schatten des Todes kann ihn nie wieder antasten. Das ist die Auferstehung. Zweitens ist das Leben in der Auferstehung himmlisch: es ist die höchst mögliche Verwirklichung einer gesegneten Gemeinschaft mit Gott, von Angesicht zu Angesicht, und eine Kenntnis von ihm so wie wir in der himmlischen Stiftshütte Gottes bekannt sind. Dass Christus die Auferstehung ist, macht deutlich, dass er die Macht ist, die uns aus den Tiefen der Hölle in die Herrlichkeit des Himmels erhebt.
Es ist der Christus der Schrift, der die Auferstehung ist. Kein anderer! Wie erbärmlich der Ersatz doch ist, den der Modernismus im Gegenzug für den Christus der Schrift aufbietet! Wie absolut frei von jeglicher Macht dieser Ersatz doch ist, uns vom Tod zu befreien. Oder, von welchem Nutzen ist ein toter Christus den Toten? Von welchem Nutzen ist ein wunderbarer Lehrer, ein gutes Beispiel, ein Mann der Prinzipien, ein Christus, für den wir diese Welt zu einem besseren Ort machen, dem toten Sünder? Der Christus der Schrift ist die Auferstehung! Er ist dies in erster Linie, weil er der Sohn Gottes ist, in ewiger Gemeinschaft mit dem Vater und dem Heiligen Geist. Von Ewigkeit zu Ewigkeit ist er Gott. Und als der ewige Sohn ist er das Leben und hat Leben in sich selbst. Zu Martha sagte er: „Ich bin die Auferstehung und das Leben" (Joh. 11,25). Und bei einer anderen Gelegenheit sagte er zu den Juden in Jerusalem: „Denn wie der Vater das Leben in sich selbst hat, so hat er auch dem Sohn verliehen, das Leben in sich selbst zu haben" (Joh. 5,26). Gerade weil er das Leben ist und Leben in sich selbst hat, kann er die Auferstehung sein.
Genau genommen ist er die Auferstehung, weil er in die Tiefen unseres Todes hinabgestiegen ist und ihn für immer zerstört hat. Denn er war vor Grundlegung der Welt dazu ausersehen, das Haupt seiner Gemeinde zu sein. Und als solches wurde er Fleisch und hat sich mit uns vereint, so dass er den Tod an unserer statt und zu unseren Gunsten schmecken konnte.
Unsere Sünden hat er auf sich genommen. Die gesamte Last unserer Schuld hat er getragen. Und mit der ganzen Bürde unserer Sünden auf seinen mächtigen Schultern, ist er bereitwillig in die Dunkelheit des Todes hinabgestiegen, trug den Zorn Gottes in vollkommenem Gehorsam, löschte all unsere Schuld aus und erwarb unsere ewige Gerechtigkeit. So focht er den Kampf mit dem Tod und überwand den Feind. Da er das Leben ist und das Leben in sich hat, war es unmöglich, dass der Tod ihn im Griff halten konnte. Das Band des Todes hat er gebrochen und er drang ins ewige Leben vor.
Doch mehr noch, er ist in die Höhe emporgestiegen und erhielt die Verheißung des Heiligen Geistes, und wurde so der belebende Geist, damit er die Auferstehung für all die Seinen werden konnte. So kam der Sohn Gottes, der in sich selbst das Leben hat, als ein Ebenbild des sündigen Fleisches und der Sünde und nahm die Ursache unseres ewigen Todes und Elends hinweg und wurde um unserer Übertretungen Willen ausgeliefert und um unserer Rechtfertigung Willen wieder erhoben und wurde zur wahren Auferstehung durch die wir aus dem Tod zum ewigen Leben belebt werden!
Daraus wird klar, dass wir zu ihm, zu Jesus, kommen müssen, der die Auferstehung und das Leben ist. Außerhalb von ihm existiert nichts als der Tod; in ihm ist Leben aus dem Tod. Es ist offensichtlich, dass wir, um gerettet zu werden, im Kontakt, in einem lebendigen Kontakt, zu ihm stehen müssen, so dass die Macht seines glorreichen Lebens, die Herrschaft des Todes in uns zerstören kann und wir vom Tod zum Leben überführt werden. So wie der Herr zu Martha sagte als er dabei war Lazarus aus dem Grab zu rufen: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt; und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben" (Joh. 11, 25-26). Wir müssen deshalb zu ihm kommen, so dass wir für immer das Leben von ihm erhalten.
Und wer da will mag kommen. Oh ja, hiervon gibt es keine Ausnahme. Wenn du zu Christus als der Auferstehung und dem Leben kommst, so wirst du niemals beschämt werden. Niemand kam jemals zu ihm, oder wird jemals zu ihm kommen, der nicht Gerechtigkeit und Leben erhielt!
Doch wieder einmal muss die Frage gestellt werden: Wie sollen wir zu Jesus, der Auferstehung, kommen? Wie sollen Sünder, die in sich selbst tot sind, nach dieser Macht des Lebens suchen und Kontakt mit ihr aufnehmen? Sollen Prediger zu ihnen gesandt werden, um ihnen zu verkünden, dass Jesus die Auferstehung ist, dass er willig ist, ihnen sein Leben zu verleihen, dass er irgendwo auf sie wartet, dass er sie ernstlich bittet, zu ihm zu kommen, dass er auf ein Zeichen von ihrer Seite aus wartet, so dass er ihnen entgegen gehen und sie beleben kann? Sollen wir den Menschen sagen, dass er nicht mehr tun kann und dass, wenn die Toten nicht zu ihm kommen, die Auferstehung niemals zu ihnen kommen wird? Und sollen wir deshalb die Toten davon überzeugen, das Zepter sofort in die Hand zu nehmen bevor es zu spät ist? Das ist im Prinzip das Evangelium, oder viel mehr die Verdrehung des Evangeliums, das heute üblicherweise verkündet wird. Doch wie absurd das ist! Und außerdem völlig unmöglich! Genauso gut könnte verkündet werden, dass Christus am Tage der letzten Auferstehung einige so genannte Evangelisten aussenden wird, um die Toten davon zu überzeugen aus ihren Gräbern aufzustehen, so dass sie verherrlicht werden können. Im Grunde genommen leugnet so eine Verdrehung des Evangeliums, dass der Mensch in Wahrheit tot und Christus in Wirklichkeit die Auferstehung ist. Es predigt einen Tod, der mächtiger ist als die Auferstehung; eine Auferstehung, die fehlschlägt, wenn der Tod seine Zustimmung nicht gibt!
Doch Gott sei Dank geht die belebende Tat frei und souverän von der Auferstehung aus! Christus kommt zuerst! „ Die Stunde kommt und ist schon da, wo die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden, und die sie hören, werden leben" (Joh. 5,25). Beachte wohl, dass es die mächtige Stimme des Sohnes Gottes, die spricht. Er ruft und wer wird widerstehen? Sein mächtiges Wort wirkt belebend. Durch sein Wort werden die Toten auferstehen. Die Auferstehung kommt zu den Toten, bevor die Toten zur Auferstehung kommen. Und wenn sie wiederbelebt und aus ihrem Totenschlaf erweckt wurden, kommen sie demütig und willig, durch die Wirkung ihres gottgegebenen Glaubens, und ziehen wissentlich für immer Gerechtigkeit und Leben aus ihm! Und sie freuen sich auf die Stunde, wenn sie seine Stimme, die sie aus dem Staub der Erde in die Herrlichkeit der letzten Auferstehung rufen wird, abermals hören werden!
Herman Hoeksema (2002): „Whosoever Will", Grandville, MI: Reformed Free Publishing Association (1. Auflage 1945): 63-70.
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