Kenneth Koole
Neben der Verehrung der Jungfrau Maria ist wahrscheinlich die Doktrin, die wir am meisten mit der Römisch Katholischen Kirche und deren Missbräuchen assoziieren, ihre Doktrin des Fegefeuers.
Diese Lehre zeigt, was Rom am wesentlichen ist: nämlich, es beachtet die Heilige Schrift nicht (besser gesagt es erfindet Schrift), sie fördert den Aberglaube, sie prägt dem Geist ihrer Mitglieder die Furcht ein, es wendet die Angst an, um einen ständigen Einkommensstrom aus seinen Mitgliedern herauszuholen, es verdirbt das Evangelium des gekreuzigten Christi und es vernichtet die selige Zuversicht des Glaubens an ihn.
Diese Doktrin macht klar, aus was für einer Knechtschaft Gott durch die Reformation sein Volk noch einmal erlöst hat.
Auffallend an diesem Fegefeuer ist, dass es kein Ort der Verdammten ist, sondern nach Rom ist es der Ort der Erlösten. Dort gehen alle Kinder Gottes (ausser eine kleine Gruppe überfrommer Eliten), um Qual und Folter zu erleiden, die nicht unähnlich der Qual der Hölle ist. Der einzige Unterschied zwischen den zwei bezieht sich auf die Dauer: die Qual der Hölle besteht ewiglich aber die Qual des Fegefeuers hört zum Schluss auf. Trotzdem sollen für viele diese Leiden Jahrhunderte dauern. Eine Erleichterung der Qual des Fegefeuers soll nicht mühelos für diejenigen erreicht werden, die als gute Mitglieder Roms sterben.
Das Handbuch der Fegefeuersgesellschaft erklärt:
Nach den Heiligen Vätern der Kirche unterscheidet sich das Fegefeuer nicht vom höllischen Feuers ausser in Bezug auf die Dauer. "Es ist dasselbe Feuer," sagt St. Thomas Aquinas, "welche die Verdammten in der Hölle und die Gerechten im Fegefeuer quält. Die geringsten Schmerzen im Fegefeuer," sagt er "gehen über das grösste Leiden in diesem Leben hinaus." Nichts ausser der ewigen Dauer macht das höllische Feuer fürchterlicher als das Fegefeuer.1
Aufgrund des oben geschriebenen kann man wohl die düstere Stimmung und die drückende Trauer verstehen, welche die Beerdigungen in Römischen Kreisen kennzeichnen. Der Tod der Gläubigen wird als keine Erlösung von Tränen und Schmerzen, keinen Glaubenssieg und keinen Eintritt in die Herrlichkeit und in den Schoss des Herrn, sondern als einen Abstieg in den Abgrund, ins Knistern des Feuers, in den Geruch des Rauches und ins Stöhnen und ins Geschrei durstiger gequälter Seelen betrachtet. Verständlicherweise werden keine Sieges- und Freudenlieder sondern trübe traurige Klagelieder gehört. Schwarz mit Schleiern ist die einzige Kleidung, die dort geeignet ist.
Was ehrgeizige Kirchenführer dazu bewegt hat, die schändliche Ungeheuerlichkeit des Fegefeuers zu erfinden, ist nicht so schwierig festzustellen. Es droht wie eine grössere Keule, die gegen diejenigen verwendet werden kann, die Widerstandsgedanken gegen die Autorität der Römischen Geistlichen hegen. Zusätzlich hat es sich als eine endlose Einkommensquelle der Kirche gegen die Verheissung einer früheren Befreiung aus dem Fegefeuer erwiesen.
Rom hat selbstverständlich nicht zugegeben, dass diese Anklage wahr ist. Sie besteht darauf, dass das Fegefeuer eine sehr nützliche vorteilhafte und heiligende Doktrin ist. Das Konzil von Trent, welche die offizielle Antwort Roms auf die Reformation war, befahl ihren Bischöfen, dass sie fleissig dafür sorgen sollen, dass "die gesunde Doktrin bezüglich des Fegefeuers … geglaubt, gehalten, beigebracht und überall von den Gläubigen Christi verkündet wird."2
Rom argumentiert, dass das Fegefeuer ein Ort ist, wo für Sünden gesühnt werden kann. Aufgrund verschiedenen Sündenarten ist der Sünder zwei Arten Strafe Gottes—der ewigen und der weltlichen zeitlichen Strafe—verpflichtet. Indem man die verschiedenen Sakramente empfängt, erledigt man die ewige Strafe und indem man Taten der Bussfertigkeit und gute Werke ausübt, soll man die weltliche zeitliche Strafe erledigen. Gute Werke und Bussfertigkeit sind aber gewöhnlicherweise etwas Sporadisches. Das Fegefeuer ist deshalb ein Ort, wo man das endgültige Sühnen für die Sünden leistet, welche die eigenen sporadischen guten Werke nicht überwinden konnten. Dort wird die gerechte Strafe abgeschlossen. Die Kirchenmitglieder, die nur locker und nachlässig ein dem Gott und der Kirche ergebenes Leben geführt haben und inbesonders diejenigen, die nachlässig beim Zuhören der Ermahnungen der Priester waren, können erwarten, dass das Sühnen für ihre Sünden tatsächlich sehr lang und schwer wiegend sein wird. Was könnte gerechter als das sein?
Darüber hinaus, so argumentiert Rom, wird eine solche Drohung heiligend im diesem Leben auf Gläubigern wirken. Wenn man weiss, was man erwarten soll, wenn man locker und nachlässig in der geistlichen Ergebenheit ist, impft einem dies ausreichende Gottesehrfurcht ein, um einen guten Anreiz zu geben, sich vieler Versuchungen und böse Werken zu enthalten. Ohne diese Drohung würden die Mitglieder die schützende Gnade der Kirche einfach ausnutzen und sie wären zu einer lebenslangen Nachlässigkeit geneigt.
Die Geschichte hat bewiesen, wie irreführend und geistlich bankrott Roms Gerechtfertigung seiner Doktrin gewesen ist. Die Weltlichkeit und die Unsittlichkeit der Mitglieder Roms (um nichts über den skandalösen Verhalten ihrer Geistlichen in jedem Zeitalter zu erwähnen) hat immer wieder gezeigt, wie wirkungslos die Drohung dieses fiktiven Fegefeuers in Bezug auf eine Besserung der Moralität (um nichts über die Geistlichkeit zu erwähnen) ihrer Mitglieder gewesen ist. Die Drohungen und die Angst mögen ein bisschen Selbstbeherrschung in einigen Bereichen der Unsittlichkeit herstellen aber solche werden niemals Geistlichkeit und echte Frömmigkeit produzieren. Diese sind das Produkt einer im Herzen gespürten Dankbarkeit. Und es gibt herzlich wenig, wofür man in Bezug auf den Abgrund des Feugefeuers danken kann.
Der massiv finanzielle Missbrauch des Fegefeuers ist zu gut dokumentiert um widerlegt zu werden. Der Ablässenverkauf ist mit grosser Hand in Roms gotteslästerlichen Geschichte geschrieben worden. Wenn jemand seinen Weg aus dem Fegefeuer nicht arbeiten kann, können seine Verwandten seinen Weg aus diesem Abgrund kaufen, indem sie der Kirche Geldsummen im Namen des lieben Verstorbenen beitragen (oder sie bezahlen eine feierliche Messe für den Toten). Die Kirche behauptet, dass sie die Autoriät hat, um festzustellen, wie jeder Beitrag den Aufenthalt kürzt. Natürlich wie die Kirche berechnen kann, genau zu welcher Strafenlänge man am Anfang seines Aufenthaltes im Fegefeuer verturteilt wurde, ist ein grosses Rätsel, aber wenn es sich um Leute handelt, die seit Jahrhunderten durch und durch abergläubig voreingenommen sind, werden solche Fragen selten gestellt.
Die Doktrin des Fegefeuers wurde 1439 Artikel des Glaubens beim Konzil Florenz erklärt, was die Hektik mit dem Ablässenverkauf zur Zeit der Reformation erklärt, aber die Doktrin war schon zur Zeit Gregors des Grössten (590-604) kirchlich anerkannt worden. Obwohl die Reformation die Praxis klar denunzierte, endete leider den Missbrauch nicht mit der Reformation. Eine Chronik der andauernden Missbräuche wurde gut in der Autobiographie vom Kanadischen Priester Chiniquy verfasst, der sich in den 1800 Jahren zum Protestantismus bekehrte.
Wie lange, O Herr, wird es dem unverschämten Feind des Evangeliums, der Römischen Kirche erlaubt werden, sich von den Tränen der Witwe und des Waisenkindes mittels jener grausamen und gottlosen Erfindung des Heidentums—des Fegefeuers—zu mästen?3
Das Mästen, worauf sich Chiniquy bezieht, war die Erpressung des Geldes von den wehrlosen, den einsamen, und den trauernden. Die Kirche wie die Pharisäer im Tag Christi war nicht zu gut dafür, die Häuser der Witwen zu fressen.
Es muss kaum erwähnt werden, dass ein solches System die Unsittlichkeit und die Gottlosigkeit nicht kürzt, sondern es fördert sie. Wozu werden die Frömmigkeit und die Bussfertigkeit benötigt, wenn das Geld dasgleiche hinhauen kann? Die Reichen sind damit immer den Armen im Vorteil.
Die ganze Sache ist ein Hohn.
Das Fegefeuer ist eine Erfndung ohne das geringste Fünkchen biblischer Untermauerung. Roms "biblische" Hauptuntermauerung ist eins der apokryphen Bücher: II Makabee 12. Aber sogar dies ist ein zweifelhaftes Zeugnis. Noch ein sogennanter Beweis ist I Korinther 3:12-15, wo davon gesprochen wird, dass die Werke durch Feuer geprüft werden. Aber diese ist eine Probe der Werke und keine Verbrennung der Seele und dieser Abschnitt bezieht sich darauf, was am Jüngsten Tag nicht in einem "Zwischenstand" geschehen wird. Jeder sonstige Abschnitt, den Rom verwendet, wird genauso wie I Korinther verdreht und missbraucht.
Darüber hinaus würde Roms Doktrin dem Gläubiger die süsse Zuversicht auf die Herrlichkeit unmittelbar nach dem Tode in Abschnitten wie Johannes 5:24 vorenthalten: "Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubet dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen." Merken Sie mal: "kommt nicht in das Gericht [in die Verurteilung]." Wie Paulus verkündet, ist für den Gläubigen "ausser dem Leibe zu wallen," "daheim mit dem Herrn" (II Kor. 5:8) zu sein.
Am wesentlichen mit allen Hauptirrlehren Roms ist seine Lehre bzgl. des Fegefeuers einen direkten Angriff auf das Evangelium des gekreuzigten Christi und auf die Kraft, auf den Wert, auf die vollkommene Genüge seines für die Sünden büssenden Opfers. Die "Einmaligkeit" des Todes und des Leidens Christi wird geschmäht und verleumdet (siehe Heb. 9:12, 26-28 und Heb. 10:14, 18). Wie der Apostel Johannes erklärt, "das Blut Christi seines Sohnes macht uns rein von aller Sünde" (I Joh. 1:7). Jesus Christus starb genau, damit wir nicht diejenigen wären, die durch "ein schreckliches Warten auf das Gericht und das gierige Feuer" gekennzeichnet werden (Heb. 10:27).
Im Namen des Evangeliums und der vollkommenen Genüge der Sühne Christi für jeden, der glaubt, muss die schreckliche Doktrin des Fegefeuers denuziert und zurückgewiesen werden. Rom sollte insbesonders auf die schneidende Worte Petrus—angeblich seines ersten Papstes—zu Simon dem Zauberer achtgeben, der auch dachte, dass geistliche Dinge durch Geld gekauft werden könnten: "Dass du verdammt werdest mitsamt deinem Gelde" (Apostg. 8:20).
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