Herman Hanko
Zacharias Ursinus wurde am 18. Juli 1534 in der Stadt Breslau von Schlesien einem Land Oesterreichs geboren. Er wurde bei einer Familie namens Bär geboren. Wer den grosssen Wagen als Ursa Major kennen, werden wissen, dass Ursinus das lateinische Wort für einen Bären ist.
Die Eltern von Ursinus waren arm, denn die Lohn eines Hauslehrers kläglich war, und der Vater von Ursinus war Hauslehrer. Da er im Haus eines Hauslehrers erzogen wurde, waren für ihn zwei Dinge zum Vorteil. Erstens war er mit dem Lernen seit der Kindschaft umgeben und zweitens hatte er die Gelegenheit in seinen früheren Jahren, viele der reichen und berühmten Leute kennenzulernen.
Ursinus studierte bis zu seinem fünfzehnten Lebensjahr in Breslau und dann ging er nach Wittenberg. Vier Jahren nachdem Luthers Leib zur letzten Ruhe im Wittenberger Dom gebettet wurde, und während der Mitarbeiter und der nahe Freund Luthers Philip Melanchthon dort noch unterrichtete, kam Ursinus zu dieser berühmten und bemerkenswerten Schule. Da seine Eltern seine Unterstützung nicht leisten konnten, trug der schlesische Senat die Kosten unter dem Verständnis, dass er zu seiner Heimatsstadt zurückkehren würde, um dort zu lehren, nachdem er seine Ausbildung vollbracht hatte.
Obwohl er ein sehr fähiger und begabter Stundent war, war Ursinus schüchtern und zurückhaltend. Er tendierte dazu, etwas launisch zu sein und er neigte überhaupt nicht dazu, sich an der Balgerei vom Leben im Unterrichtsraum in der Universität zu beteiligen. Weder noch suchte er eifrig die Gesellschaft seiner Mitstudenten, die öfters mit zu viel Heiterkeit die Freiheit eines akademischen Lebens feierten. Er zog vor, Versen auf Griechisch und auf Lateinisch in der Einsamkeit seines Studierzimmers zu verfassen.
Er wäre wahrscheinlich durch die Hallen der Universität kaum bemerkt durchgegangen, wenn Melanchthon seine Fähigkeit nicht bemerkt hätte, Ursinus nach Hause gebracht hätte und sowohl Freund und Kamerad als auch Lehrer des schüchternen Studenten geworden wäre. Diese war eine seltsame aber reiche Freundsschaft zwischen einem dreiundfünfzigjährigen begabten Theologen und einem armen sechzehnjährigen Studenten.
Die Reformation Luthers hat vor Ursinus Geburt Breslau durchgedrungen und sie hat Ursinus Eltern beeinflusst. Wittenburg war das Zentrum von lutherischen Studien. Es ist deshalb nicht überraschend, dass Ursinus leidenschaftlicher Lutheraner wurde. Dennoch zweifelte Melanchthon schon an Luthers Ansicht in Bezug aufs Abendmahl und er neigte mehr dazu, sich der Meinung der Schweizerischen Theologen bezüglich der Anwesenheit Christi im Brot und im Wein zuzustimmen. Ursinus wurde durch Melanchthon beeinflusst und er entwickelte seine eigene Meinung, die aber mehr der Meinung seines Mentors ähnelte.
Ursinus verbrachte sieben Jahre bei Melanchthon und begleitete ihn sogar im Jahr 1557 nach Worms und Heidelberg. Heidelberg war die Stadt, wo Ursinus seine wichtigste Arbeit leisten würde. Er sah sie zum ersten Mal im goldenen Herbst in Oktober. Auf den mit Bäumen bedeckten Hügeln stand die stattliche Burg, wo der Kurfürst wohnte. Die Stadt befand sich im engen Tal des Nekar Flusses, der durch den Schwarzwald in den Rhein einige Meilen entfernt hineinfloss. Die Kirche des Heiligen Geistes, deren Turmspitzen über die Hausdächer ragten, dominierte die Stadt. Fast am Fuss der Turmspitzen lag die am besten bekannte und älteste Universität Deutschlands, die Universität von Heidelberg. Sie war Römisch Katholisch gewesen. Jetzt war sie Protestantisch. Ob sie Lutherisch oder Reformiert sein würde, musste noch entschieden werden. Sie war Melanchthons Heimat, das Land, nach dem er sehnte. Aber Melanchthon war nicht nach Heidelberg gekommen, um dort zu bleiben. Die Arbeit seines Lebens war auf dem sandigen und staubigen Boden von Wittenberg.
Nachdem sie zusammen nach Heidelberg gereist hatten, trennten sich Ursinus und Melanchthon voneinander. Ursinus hatte vor, ein Jahr durch Europa zu reisen, indem er die Zentren vom protestantischen Lernen in Deutschland, Frankreich und in der Schweiz besuchen würde. Er konnte die hebräischen Vorlesungen von Jean Mercier in Paris lesen, zu den Füssen von Bullinger in Zürich sitzen und mit Calvin in Genf reden. Calvin schenkte ihm tatsächlich die gesammelte Ausgabe seiner eignenen Werke, die von ihrem gefeierten Autors unterschrieben wurde.
Während einiger kurzen Jahren erfüllte Ursinus seine Pflicht zu Breslau, indem er dort unterrichtete aber die Lutheraner verdächtigten, dass seine Ansicht zum Abendmahl mehr Reformiert als Lutherisch war. Sie hatten recht aber eine Verleumdungskampagne war im Gange gegen ihn, die schliesslich in eine öffentliche Debatte explodierte, welche Ursinus überzeugte, seine Position zu kündigen und die Stadt zu verlassen. Er genoss niemals die Kontroversen und die Bitterheit und der Hass in Breslau waren mehr als er leiden konnte.
Von Breslau ging Ursinus nach Zürich. Eine kurze Zeit fand er Frieden und Ruhe. Hier wurde er Freund von Petrus Martyr Vermigli dem Reformator aus Italien, der einen bemerkenswerten Beitrag zur Reformierten Doktrin des Abendmahls gemacht hatte. Ursinus fand Gesellschaft und Gemeinschaft bei Männern, mit denen er völlig einer Meinung war. Die Entscheidung von Ursinus nach Zürich zu gehen war schwierig gewesen. Seinem Onkel sagte er:
Nicht widerwillig verlasse ich mein Vaterland, denn es erlaubt mir nicht das Bekenntnis der Wahrheit, die ich mit gutem Gewissen nicht aufgeben kann. Wenn mein Lehrer Melanchthon noch leben würde, würde ich nirgendswohin als zu ihm gehen. Aber, da er verstorben ist, werde ich nach Zürich gehen, wo es fromme grosse und gelehrte Männer gibt. Gott wird für den Rest sorgen.
Friedrich der Fromme wollte einen Reformierten Professor in Heidelberg und er rief Petrus Martyr. Martyr lehnte aufgrund seines hohen Alters ab aber er empfahl Ursinus. Als Ursinus von Friedrich gerufen wurde, widerstrebte es ihm, dorthin zu gehen. Er wusste genau wie sonst jemand welche Spannungen und Kontroversen die Stadt Heidelberg zerrissen. Einem Freunden schrieb er, "Ach, möge dass ich in einer Ecke versteckt blieben könnte. Ich würde alles geben, wenn ich nur in einem ruhigen Dorf Schutz finden könnte."
Aber Gott hat gewissen Mittel, eine Person zu einer Arbeit zu rufen, von welcher er zurückschreckt. So war es mit Mose. So war es mit Calvin, als er durch die Drohungen dem feurigen Farels überredet wurde, in Genf zu bleiben. So rief Gott den schüchternen und zurückhaltenden Ursinus zum wirbelnden kirchlichen und doktrinellen Tumult von Heidelberg.
Die Zeiten in Heidelberg waren schwierig. Obwohl durch die weise und fromme Herrschaft von Friedrich dem Frommen den Römisch Katholizismus beinahe aus der Stadt ausgerottet worden war, kämpften das Luthertum und der Reformierte Glaube um die Vorherrschaft. Bei ihrer Meinungsverschiedenheit handelte es sich fast ausschliesslich um die Doktrin des Abendmahls aber gewalttätige und radikale Lutheraner machten alles, was sie konnten, um die Stadt von allem und jeglichem Mann zu säubern, der ihrer Meinung nicht zustimmte.
Ursinus wurde als Direktor vom Collegium Sapientiae, dem College der Weisheit, wie man es nannte, eingestellt. Aber nicht viel später nachher wurde er berufen, den Lehrstuhl für Dogmatik auszuüben. In dieser Position wurde ihm jede vorstellbare Aufgabe und Verpflichtung aufgedrängt, da Friedrich und andere seine riesigen Fähigkeiten und und seine klare Kenntnis der Wahrheit ausnutzen wollten.
Es war kein Witz, dass Ursinus am Tür zu seinem Büro in der Universität einen Schild aufhängte, worauf ein Stück lateinischen Knittelverses geschrieben wurde, welche, wenn übersetzt, las: "Freund, wer hier eintritt, sei schnell und geh; oder hilf mir bei meiner Arbeit."
Aber die Arbeit für welche Ursinus berühmt ist, ist seine Autorschaft vom Heidelbergischen Katechismus. Zusammen mit Caspar Olevianus wurde er beauftragt, ein Glaubensbekenntnis zu verfassen, welches für das Unterricht der Leute in der Pfalz verwendet werden könnte und als eine Basis der Einheit dienen könnte.
Ursinus hatte früher einen kleinen Katechismus auf Lateinisch geschrieben, der auch den Glauben in Bezug auf die Idee vom Trost erläuterte. Dies schlug dem Ursinus das Thema vom Katechismus vor und viele Teile dieses früheren Werkes wurden im Heidelbergischen aufgenommen. Wir finden es schwierig zu glauben, dass Ursinus damals nur achtundzwanzig Jahre alt war, aber er war seit frühester Kindheit von der Theologie der Reformation durchgedrungen und er war ein Mann, dem Gott fantastische Begabungen gewährt hatte. Die Arbeit begann im Jahr 1562 und dauerte fast ein Jahr. Damals war eine grossartige Zeit für Glaubensbekenntnisse: Die Neununddreissig Artikel waren von der Kirche Englands adoptiert worden; Bullinger hat sein schönes Zweites Helvetisches Glaubensbekenntnis verfasst und spanische Verfolger in den Niederländen jagten den Autor vom Niederländischen Glaubensbekenntnis, den Guido de Bres.
Friedrich führte die Arbeit schnellstmöglich weiter. Als der Katechismus früh im Jahr 1563 fast fertig war, sammelte er eine grosse Gruppe Pfarrer und Lehrer überall aus dem Pfalz, die in einer erhabenen Versammlung traffen, um das Werk zu diskutieren und wenn möglich anzunehmen. Nach ernsten Gottesdiensten und einer langen Diskussion war die versammelte Gruppe durch das Genie des Werkes so gerührt, dass sie dem Friedrich empfahl, dass es ohne Veränderung angenommen werden sollte. Und es war so.
In der zweiten Ausgabe befahl Friedrich, dass Frage und Antwort Nummer 80 hinzugefügt werden sollte, obwohl diese ohne die scharfe Worte in Bezug auf die Messe war. Aber als die Angriffe der Römisch Katholiken immer erbitterter und heftiger wurden, machte Friedrich eine zweite Veränderung in dergleichen Frage und Antwort, die Worte einschliessen, die seither die Seelen von Römisch Katholiken geärgert haben, Worte die die Messe als "einen verfluchten Götzendienst" brandmarkten. Friedrich befahl auch, dass der Katechismus in zweiundfünfzig Abschnitte oder Sonntage aufgeteilt werden sollte, damit er binnen einem Jahr vom Anfang bis zum Ende gepredigt werden könnte.
Der Katechismus wurde schnell in mehreren Ausgaben veröffentlicht und wurde bald auf verschiedenen Sprachen einschliesslich der niederländischen Sprache übersetzt, wo er ein geschätztes Glaubensbekenntnis der Niederländischen Reformierten Kirchen wurde.
Ursinus übrigen Jahre in Heidelberg waren bewegt und verhältnismässig unglücklich. Nicht nur fuhr er mit seinen Pflichten in der Universität fort, sondern auch wurde er darum gebeten, jeden Sonntag den Heidelbergischen Katechismus zu predigen. Darüber hinaus wurde er Hauptverteidiger vom Katechismus gegen die Angriffe von Römisch Katholiken wie von Lutheranern. Sie ermüdeten ihn so, der den Frieden liebte; sie erschöpften ihn körperlich so und schadeten so seiner Gesundheit, dass im Jahr 1556 er zu schreiben aufhörte und zwei Jahre später kündigte er den Dogmatiklehrstuhl. Der Stuhl ging dann zum verehrten italienischen Reformator Hieronymous Zanchius, dessen Werk Prädestination heute noch weit und breit gelesen wird.
Die Streite dauerten in Heidelberg fort. Jetzt ging es um die Kirchenregierung. War die Disziplin eines reuelosen Mitgliedes die Verantwortung der Kirche oder des Staates? Die Kontroversen waren scharf und erbittert. Die Hauptpresbyterianismusverteidiger war ein Engländer namens Georg Withers. Bullinger und Beza wurden gerufen, Rat zu geben. Schliesslich, da er durch Ursinus Schweigen verärgert war, befahl ihm Friedrich, seine Ansicht zu äussern. Dies tat er in einer öffentlichen Versammlung und so ehrlich und freundlich, dass seine Ansicht den Sieg davontrug und Presbyterien etabliert wurden, so dass die Disziplin jetzt sicher in den Händen der Kirche lag.
Während dieser ganzen Jahren hatte Ursinus unverheiratet geblieben und er hatte bei den Studenten in den Schlafsaalen der Universität gewohnt. Aber im Jahr 1572 in seinem actunddreissigsten Lebensjahr fing er an, sich die Möglichkeit der Ehe zu überlegen. Er hatte eine ruhige und freundliche Frau bemerkt, die nur eine Strasse von der Universität entfernt wohnte, und eines Tages, seinen Mut zusammenraffend, nahm er Zeit aus seinen Studien, um ihr einen Heiratsantrag zu machen. Sie nahm seinen Antrag an und sie heirateten – vielleicht die kürzeste Brautwerbung in der Geschichte. Sie wohnten neun Jahre zusammen und sie hatten einen Sohn.
Die Umstände würden bald in Heidelberg ändern. Friedrich starb, erschöpft durch die Sorgen seines Reichtums. Der Kurfürst Ludwig war sein Nachfolger. Ludwig war leidenschaftlicher Lutheraner und er war fest entschlossen, der Pfalz das Luthertum aufzuwingen. Binnen einem Jahr gelang es ihm dieses zu tun und der Reformierte Lehrkörper einschliesslich Ursinus wurde entlassen. Zu dieser trüben Zeit verliessen über 600 Lehrer und Prediger die Pfalz.
Obwohl Ursinus eingeladen wurde, in Lausanne in der Schweiz zu unterrichten, entschied er anstatt dessen, nach Neustadt zu gehen, wo er eine Schule mit Hilfe seines guten Freundes Casimir des Sohnes von Friedrich dem Frommen in einem Frauenkloster gründete. Die Schule erlangte einen guten Lehrkörper und zog bald viele Studenten überall aus Europa an
Ursinus unterrichete aber nur eine kürze Zeit in der Schule. Eine Reformierte Tagung, die im Jahr 1577 in Frankfurt traf, bat ihn darum, ein Glaubensbekenntis zu verfassen, das als Einigkeitsbasis für alle Reformierten Gemeinde Europas dienen könnte, aber er lehnte aufgrund schlechten Gesundheit ab.
Das grosse Werk dieser Jahren war das Schreiben seines bekannten Kommentars zum Heidelbergischen Katechismus, welches alle, die dieses Glaubensbekenntnis lieben, kaufen sollten. Das Buch wurde aus seinen Vorlesungen über den Katechismus in Neustadt zusammengestellt, welche er redigierte und für die Veröffentlichung vorbereitete, obwohl er dieses letzte Werk nie vollbringen konnte. Das Buch wurde im Jahr 1584 nach seinem Tod veröffentlicht.
Die Gesundheit von Ursinus verschlechterte sich weiter und er unterrichtete immer sporadischer. Schliesslich starb er am 6. März 1583 im neunundvierzigsten Lebensjahr in Neustadt, wodurch er seine Frau eine Witwe machte und seinen Sohn ohne Vater hinterliess.
Ursinus war kein sehr begabter Prediger. Seine Begabungen waren im Klassenzimmer, wo seine Vorlesungen gelernt, scharfsinnig und lehrreich waren und auf eine höchst interessante Weise gehalten wurden. Er war immer ein sorgfältiger Mann, so dass, wenn ihm in der Klasse Fragen gestellt wurden, er fast immer die Antworten auf den nächsten Tag verschob, damit er Zeit haben würde, um eine sorgfältige Antwort zu formulieren. Seine Stärke war sein scharfsinniger Geist und sein tiefes Engagement zu der Wahrheit. Die Wahrheit war aber für ihn keine intellektuelle Angelegenheit; sie war sein "Trost," was ihm allein Kraft durch die zermürbenden Jahre von der Arbeit in Heidelberg gab.
Gott schleuderte diesen zurückhaltenden Mann in den Trubel von Heidelberg. Gott weiss, was mit seinen eingestellten Knechten zu tun ist, auch wenn ihnen und uns seinen Weg völlig falsch scheint. Wir sind die Begünstigten, denn zu uns ist der altehrwürdige Schatz vom Heidelbergischen Katechismus gegeben worden.
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